Autobot

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Autobot

Redaktion: Zunächst möchte ich Dich bitten Dich kurz vorzustellen.

Andre Lux, allein mit der Gitarre als Autobot am Start. Mit buergerlichem Namen Schreiberling, Strichmaennchen-Cartoonist, ehemaliger DIY-Label Erfinder, Internet-Troll und Person. Als Dr.Spitz ehemaliger Schlagzeuger von Bavaria Bootskiosk.


Redaktion: Als Autobot bist Du nun schon seit 2005 aktiv. Wie gut hat es die Zeit mit Dir gemeint?

Am Anfang, also als ich meine ersten Konzerte alleine hatte, war das ein ziemlich merkwuerdiges aber auch aufregendes Gefuehl da voellig verlassen nur mit der Gitarre auf der Buehne zu sitzen und ein ganzes Publikum, waren es nun 5 oder 50, unterhalten zu muessen. Die ersten Gigs waren daher dominiert von Nervositaet und unglaublich beschissenen Spruechen und Erzaehlungen obwohl das auch schon bei meiner ersten Band „Kenner der Materie“ so war, nur eben mit einer Band im Ruecken die im richtigen Moment losspielen konnte und mit billigem Deutschpunk die Leute zum Tanzen oder Rausgehen brachte. So war ich aber nur mit der Gitarre und meinem Mund bewaffnet und keiner tanzte Kinderpogo oder sprang von der Buehne. Bis mein erstes Album „Tafeldienst“ rauskam spielte ich so 10-20 Konzerte und wurde langsam warm mit der neuen Situation. Das Album war ganz cool und ein paar Leute wurden schon aufmerksam vor allem, wegen des Songs „Die Helden sind tot“ in dem ich lauter Retrozeug aufiste. Im Nachhinein finde ich eigentlich jede Albumversion meiner Songs auf der „Tafeldienst“ CD total scheisse weil 1. schlecht gesungen und 2. mit vielzuviel billigem Schnickschnack meinerseits rumprobiert wurde. An den Songs an sich hab ich nix auszusetzen, zumindest nicht an allen. Auf jeden Fall, lief das ganz gut und ich spielte 2007-2008 schon so 40 Konzerte und dachte, dass ich gleich mal nachlegen muss mit „Autobot und die Schmuggler von der Geisterbucht“. Die und „Tafeldienst“ sind natuerlich keine richtigen Alben mit Vertrieb die man dann auch so im Saturn oder LIDL kaufen kann, sondern in einer Auflage von 500 Stück gepresste CDs bei denen ich vom Artwork bis zum Verkauf alles selbst gemacht hab. Das zweite Album war dann schon gar nicht mehr so cool und interessierte auch nicht mehr allzu viele Leute, auch wenn ich das Artwork, welches von irgendeinem Aachener Maedchen gezeichnet wurde, nachwievor gelungen finde und auch die ganze Hoerspielkassetten-Thematik. Das war dann so auch der Moment, wo ich merkte, dass viele damit nichts anfangen konnten weil es ihnen wohl zu konventionell und unszenig war. Anderen wiederum gefielen gerade die szenigen Themen nicht so (Musikstile, Bandgeschichten). Ich hoerte mir das Album vor kurzem noch mal an und merkte, wie unglaublich scheisse es abgemischt ist, da habe ich wirklich einen Schnellschuss gelandet und dachte wohl, wenn ich zackig was nachlege wird auch wieder die Visions was drueber schreiben und noch mehr Konzerte reinkommen. Dem war dann leider nicht so. Konzertanfragen bei Bookern oder DIY-Veranstaltern wurden haeufig abgelehnt, ich hatte auch so das Gefuehl dass es die Leute abschreckt, wenn man nicht aus einer coolen und integren Stadt wie Hamburg oder Berlin kommt sondern wie in meinem Fall aus Tuebingen. Nach wiederum etwa 30 Konzerten, hatte ich erstmal keinen Bock mehr und machte im Februar 2010 ein bisschen Pause. Im Juni 2010 wiederum hatte ich wieder ein paar Songs zusammen und tatsaechlich auch wieder Lust in ein Studio zu gehen und das fuerchterliche Jahr 2010 mit dem Ventil Albumaufnehmen irgendwie zu verarbeiten. Das Studio in Reutlingen war supergeil und Sven, der Produzent dort, ein maechtig netter Kerl der mir auch ein paar geile Backing-Tricks beibrachte und mir immer wieder in den Arsch trat wenn ich die Gesangsqualitaeten schleifen liess. Daher ist „Total Mutiert!“ auch mein Lieblings-Output aus muskalischer Sicht: 2 der 9 Songs live aufgenommen, tolle Produktion, kein beschissenes Synthie-Schlagzeug und ganz ehrliche Songs. Nebenher hatte ich ja auch immer noch selber Youtube-Videos zu machen Songs gemacht, hier in diesem Fall zu „Danke, Danke Internet“, ein Song der persoenlicher ist, als er scheint. Die Reviews zur Platte waren durchweg neutral bis negativ. Es waren ja auch sehr viel weniger Lieder drauf, was einfach daran lag, das ich wirklich nicht mehr hatte und auch meine Kreativitaet schwer zu wuenschen uebrig liess. Live hatte ich wieder mehr Auftritte, allerdings kam ich selten ueber die Pfalz oder Hessen hinaus. Gegen Ende des Jahres hatte ich die Idee, den Lieblings-Peter Maffay-Song meiner Mutter „So bist du“ mit meinen Kumpels von Clap Your Hands Twice aufzunehmen und als Video rauszubringen da ich dachte: Guter Song, einfach zu covern und evtl. ein Erfolgsrezept so wie bei vielen Kuenstlern, vornehmlich in den 90ern. Ich finde die Version des Songs nach wie vor echt Bombe und auch das Video dazu nur konnten und wollten wir das Lied live nie zusammen spielen wenn wir mal gemeinsam unterwegs waren wie auf unserer Tour 2011. Das Video wurde zwar tatsaechlich oft angeklickt, der erwuenschte Erfolg meinerseits blieb aber mal wieder aus. Auf besagter Tour waren wir im Sommer 2011 gemeinsam in einem kleinen Bus unterwegs und spielten in kleinen Clubs und zerfickten Kneipen und Jugendzentren teilweise vor 2 oder 20 Leuten. In Berlin durfte ich nicht mitspielen, da dachte ich mir dann aber auch hinterher: „Alter, das Publikum im White Trash haette dich wohl auch in der Luft zerrissen mit deinen baurigen Spruechen, dem schwaebischen Dialekt und dann auch noch Liedermacher mit bisschen witzigen Texten,“ - Und das haette ich auch total verstanden, vermutlich haben die coolen Staedte alle ihre eigenen Liedermachers die keiner gut findet ausser er hoert gern ernsthaft Klaus Lage oder Mike Krueger (so wie ich). Die Tour hat natuerlich trotzdem irrsinnigen Spass gemacht und wir hatten eine tolle Zeit. Danach war bei mir dann aber wirklich erstmal die Luft raus. Wenn du soviel Energie, Zeit und vor allem Geld in eine Sache steckst und im Hinterkopf auch wirklich ehrlich zu dir selbst bist und an einen finanziellen Erfolg glaubst oder zumindest einen gewissen Popularitaetsgrad erreichen willst und das halt nicht passiert, dann musst du auch auf dem Boden stehen und realistisch bleiben und wenigstens so zurueckblicken dass du weisst, du hattest Spass. Den hatte ich enorm und ich lernte so dermassen tolle Leute kennen was mich zu meinem letzten Release brachte: Bjoern Bieber von Flight13 fragte mich, ob ich nicht Lust auf eine Picture 7“ Vinylsingle haette. Haette mir das mal jemand 2007 gesagt: Das der Chef vom Presswerk MICH fragt ob ich Bock auf sowas hab. Aber allein mein nuechterner Umgang mit dieser Tatsache und auch dem zeitgleich erscheinenden Autobot Best Of-Tape bei einem Bekannten aus dem Saarland zeigte mir: Da fehlt jetzt wirklich der Enthusiasmus. Ich habe zwei der persoenlichsten Songs bei Stumfol aufgenommen, der mittlerweile unglaublich tolle Mucke ebenfalls allein macht, und das Cover „Hochhaus“ von Hammerhead welches ich zuvor auch immer mal wieder auf der Buehne zockte und wozu der gute Daniel von Clap Your Hands Twice ein tolles Video in Tuebingen mit mir drehte – Frueh morgens, voellig am Arsch und in meinem verhasstesten Stadtteil Waldhaeuser-Ost. Die Single war da und Anfang 2012 spielte ich noch ein paar Konzerte, im Uebrigen seit der Tour ausschliesslich im Stehen weil mir das nochmal viel mehr Spass machte. Ich glaube die letzten Konzerte waren ganz cool aber ich merkte schon bei meinen Ansagen dass ich einfach nichts mehr erzaehlen wollte und mehr und mehr meine Strichmaennchen (www.egonforever.de) fuer mich selbst in den Mittelpunkt rueckten.
Ich weiss noch nicht, wie es mit dem Autobot weitergeht aber ich merkte einfach, dass ich vor allem nicht mehr soviel Power und vor allem Geld in das ganze Ding reinstecken konnte und auch das Songschreiben wurde immer schwaecher auch wenn ich es nach wie vor liebe, Musik zu machen. Der ganze Autobot Backkatalog, also alle restlichen CDs, Tapes und Schallplatten, wurde von den Leuten von www.sub-zine.de abgeholt und wird von diesen gegen Spende auf Hardcore- und Punkkonzerten verkauft. Greifen sie zu!

Redaktion: Was würdest Du sagen ist das Besondere an Deiner Musik?

Ich finde es besonders, dass es nichts besonderes daran gibt. Es ist 4-Akkorde-Punk und ich denke wenn jemand ein bisschen Ahnung von Musik hat, wird er schon merken, dass ich mich nicht an Reinhard Mey orientierte sondern mein Lieblingsstil so nordamerikanischer Pop-Punk ist. „Die total interessante Proberaum-Combo“ ist z.B. eins zu eins ein Sum 41-Song, kein Witz: Gesangsmelodie und Akkordfolge in der Strophe sind total geklaut. „Steven Seagal macht alles kaputt“ ist „Kamala's too nice“ von Screeching Weasel, „What happens in Neubulach“ waere ein Song von The Falcon usw.
Diese Bands liebe ich einfach, weil die auch bei sich selbst stehlen und wie die habe ich in meinen Gesangsmelodien immer versucht die Schlenker einzubauen sodass ein Song mehr nach Melancholie statt nach Kinderreim klingt. Das Besondere fuer mich war einfach, dass ich kein besonders guter Gitarrist bin, ich kann nur besonders schnell spielen und 9 Akkorde greifen weshalb ich bei der „Total mutiert!“ auch haeufig ein Kapo zum Cheaten benutzt hab und trotzdem habe ich an die 100 Lieder geschrieben von denen mir 2/3 auch heute noch selbst gefallen.

Redaktion: Du hattest schon einige Auftritte und ständig werden es mehr. Welchen Tipp kannst Du jungen Bands geben um schnell bekannt zu werden und Gigs spielen zu können?

Ich hatte Gigs in Laeden wie dem Provisorium in Nuertingen, dem Jugendkulturzentrum Taunusstein oder auf einer Bauernparty in Messkirch-Menningen – Das sind Locations die schreibt man einfach an und die sagen: „Ja, du kriegst ein Freibier und kannst hier pennen“. Das ist also gar nicht schwer und hat auch eher was von alten Schlagerstars die bei Moebelhauseroeffnungen auftreten! Wie man „richtige“ Konzerte in groesseren Laeden wie dem Sonic Ballroom in Koeln kriegt, weiss ich nicht. Ich glaub da muss man eine/n kennen, der eine/n kennt... oder eben von dort kommen.
Wichtig ist es, soviel kleine Konzerte zu spielen, wie man halt hinbekommt und dann kann es sein, dass manche Orte einen nochmal holen und sich da sogar eine kleine Fan-Base entwickelt. Meine Konzerte in Idsten z.B. waren immer schoen voll und haben mega viel Spass gemacht.
Ausserdem sollte man immer darauf achten, nett zu sein – Zu Veranstalter und Publikum, Arroganz kann man sich erst erlauben, wenn man entweder einen Szeneerfolg hatte (Egotronic, Chefdenker) oder sowieso schon mit einem Arschloch-Image kokettiert (Antitainment, Affenmesserkampf, Frau Potz).

Redaktion: Welche Musik hörst Du privat außer die Eigene?

Ich hoere meine eigene Musik eher selten, ausser wenn die Songs ganz neu sind oder ich mich mal wieder drueber aufregen will, sowas wie „Kevin Kuranyis Dachstuhl“ gemacht zu haben. Am liebsten hoer ich alles. Pur, Billy Joel, Sodom, Set Your Goals... Das ist total stimmungsabhaengig. Sehr gern auch kitschigen, klebrigen Country wie Brad Paisley oder Carrie Underwood. Dann aber auch mal alten Metal oder deutschen Hip Hop wie Haftbefehl oder Genetikk. In jedem Genre gibt es total abgefahrenes und geiles Zeug das fett Spass macht. Ich bin ebenfalls bekennender Jennifer-Rostock-Fan. Kein Witz. Hoer ich echt oft beim Autofahren. Zudem bin ich mit vielen kleinen Bands befreundet die ebenfalls geile Mucke machen: Glueck Umsonst aus Koeln zum Beispiel oder Liberty Madness aus Karlsruhe.

Redaktion: Ich habe gelesen, dass einer Deiner Einflüsse Mike Krüger sein soll. Wie kommt es dazu?

Ja, der ist auch witzig und spielt Gitarre.

Redaktion: Welche berühmte Person würdest Du gerne mal treffen?.

Voll viele! Den Angry Video Nerd, Randy Newman, John Cusack, Travis Barker... ich bin sehr Idol-fixiert

Redaktion: Zum Abschluss kannst Du noch ein paar warme Worte an unsere Leser richten. Ich bedanke mich für dieses Interview.

Ich bedanke mich bei allen Supportern, Bands und Leuten auf den Konzerten in den letzten 7 Jahren. Es hat sehr oft mega Bock gemacht und ich hoffe, dass euch meine Songs auch weiterhin begleiten. Es gab tolle Geschichten die ihr mir nach meinen Konzerten erzaehlt habt, wie z.B. dass meine Songs schon bei allerlei lustigen und traurgen Anlaessen gespielt wurden. Dafuer hab ich's gemacht. Danke.

Eingetragen von se am 28.05.2012.

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