Broilers - Puro Amor

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Broilers - Puro Amor

Label: Skull & Palms
VÖ: 23. April 2021

30.04.2021 - Es war irgendwann im Herbst 1999. Über eine Suchmaschine (es war wahrscheinlich Yahoo) bin ich über Suchworte wie „Oi“ auf der Webseite der Broilers gelandet und habe mir dort drei Hörproben heruntergeladen. Das war damals noch eine AOL Webseite. Sie war simpel gestaltet und hatte Rubriken wie „Onkel Prost“ und im Shop gabs neben dem ersten Album „Fackeln im Sturm“ auch eine von der Band unterschriebenen Kaffee-Filtertüte zu kaufen. Neben solchen witzigen Details ist mir auch direkt das coole Artwort des Banners (das waren kleine Grafiken, die wie Visitenkarten funktionierten und die man hernehmen konnte, wenn man andere Webseiten anhand eines solchen Banners verlinken wollte) aufgefallen.

Die drei Hörproben haben sich direkt als ein musikalischer Urknall für mich erwiesen. Nach ersten Findungsphasen hörte ich als Jugendlicher in den Jahren 1997 bis 1999 eigentlich nur die Onkelz. Durch das Studium ihrer Biographie bin ich auf ihre Punk- und Skinhead-Phase aufmerksam geworden und fand die Tatsache interessant, dass es unpolitische und sogar linke Skinheads gab, die sogar „schwarze Musik“ in Form von Raggea und Ska hörten. So habe ich mich in diesem schicksalshaften Herbst 1999 als fünfzehnjähriger über das Netz damals auf die Suche begeben nach dieser Art von Musik. NOFX, Bad Manners, Sex Pistols, Sham 69, Laurel Aitken, Cock Sparrer. Ich wühlte mich durch die Musiksammlung meines Vaters und durch das weltweite Netz auf der Suche nach interessanter neuer Musik und wurde fündig. Die drei Hörproben brauchten eine Weile, bis sie heruntergeladen waren. Das Modem knatterte und das Ergebnis waren wenige Sekunden Ausschnitte von „Du bist so blind“, „In 80 Tagen um die Welt“ und „Weg von den Straßen“. War „Fackeln im Sturm“ auch mit dabei und es waren doch 4 Hörproben? Ich weiss es nicht mehr. Jedenfalls liefen diese Miniausschnitte bei mir immer und immer wieder. Die Stimme, der herrliche Schrammel-Sound, die Energie dahinter. Die Broilers haben mich sofort abgeholt. Ich hab mir diese Mini-Schnipsel dauernd angehört, es dauerte aber noch eine Weile, bis ich mir dann die passenden Tonträger dazu besorgt habe. Der erste Tonträger mit einem vollständigen Broilers-Lied war der Sampler „Oi! Machs maul auf“ (gegen Gewalt, Rasissmus und Intoleranz – oder so ähnlich). Auf der CD haben sich so manche Hits die Klinke in die Hand gegeben. Besonders „Wölfe im Schafspelz“ von den Pocken hörte ich in Dauerschleife. Neben Daily Terror und Loikaemie waren auch die Broilers mit einem Lied auf der Platte vertreten: "Fackeln im Sturm". Danach dauerte es nicht lange und ich habe mir auch endlich das gleichnamige Album dieser damals noch unbekannten Band besorgt und all das, was dann folgte, würde hier den Rahmen sprengen.... Partys, Konzerte, die Reisen zur ersten großen Liebe, die Trennung, das Leid. Ausbildung, Berufsschule, Findungsphasen in der Jugend, weitere Beziehungen, Liebe, Enttäuschungen, Schicksalsschläge, Höhen und Tiefen. Die Broilers waren irgendwie immer mit dabei.

Wie ich in früheren Rezensionen schon einmal habe anklingen lassen, gibt es keine andere Musik, zu der der Spruch „Soundtrack meines Lebens“ besser passt wie die der Broilers. Ob es im Jahr 2000 war auf einer langen nervöse Zugfahrt zur angehenden Freundin. „Lofi“ in Dauerschleife im Jahr 2004 während jeder Autofahrt und auch zu Hause. Oder „Vanitas“ im Jahr 2007, während ich meine damals neue Freundin kennenlerne (meine heutige Frau). Wenn ich die Lieder heute höre, kommt in mir sofort das Feeling der jeweiligen Jahre in mir hoch und manch intensive Emotionen und Erinnerungsfetzen.

Zu den musikalisch-biographischen Erinnerungen kommen noch einige persönliche Erinnerungen mit der Band. Begonnen mit ersten E-Mails oder eine Tonträger- und Textilbestellung bei den Broilers im Jahr 2002 oder 2003, als neben der bestellten Ware Plastikrosen, Fertigsuppen-Tüten und ähnlicher witziger Kram mit im Paket lagen. Broilers halt. Oder eine engagierte E-Mail-Beratung vom Sammy, der darauf hingwiesen hat, wie die jeweiligen T-Shirt-Größen tatsächlich ausfallen, damit auch alles in Ordnung geht und ich als Käufer auch zufrieden bin.

Im Mai 2001 war ich an einer Rhein-Strand-Party in Düsseldorf anwesend. Wir haben vorher die Broilers auf dieses Event hingewiesen und die Band stand dann plötzlich tatsächlich vor uns. Nett und bodenständig. Mein ehemaliger Oi!Vision Redaktionskollege Marcus und ich durften dann mit den Broilers ins legendäre Westside mit einkehren. Überwältigt von diesem für mich unfassbaren Treffen, habe ich damals kaum ein Wort raus bekommen (inzwischen war ich zarte 16 Jahre alt). Es folgten Konzerte, bei denen ich mich vor Vorfreude schon vorab so abgeschossen habe, dass keinerlei schönes Konzerterlebnis mehr zusammen gekommen ist. Die Band war aber stets nachsichtig und nett. So richtig auf Augenhöhe konnte ich die Jungs und das Mädel erst später begegnen. Das war einerseits auf dem besten Konzerterlebnis (und das erste nüchterne Broilers-Konzert das ich erleben durfte) das ich hatte, nämlich die Broilers im Jahr 2006 im Münchner Backstage (mit einigen „Lofi“-Hits) und einen anschließenden Umtrunk im Münchner „Tumult“. Von dort aus konnte ich wunderbar zu Fuß bis zu meiner Wohnung torkeln, unabhängig von S- und U-Bahnen. Ich musste zwar am Tag drauf arbeiten, wollte mir diese Zusammenkunft aber nicht entgehen lassen, sodass ich am Ende mit einer halben Stunde Schlaf und viel Alkohol im Blut zur Arbeit gegangen bin.

Im Jahr 2007, zum Erscheinen des damals neuen Albums „Vanitas“, gab es dann noch ein Konzert in Zürich. Unser damaliges Musikmagazin Oi!vision lief prächtig und ich war zu Besuch bei meiner damaligen Freundin (heute Frau) in Konstanz und bin für ein Broilers-Interview von dort aus in die Schweiz gefahren. Die Broilers selbst hatten eine Autopanne und ich saß lange Zeit mit Chris allein zusammen und wir haben uns bis der Rest der Band eintraf gut unterhalten. Leider wurde es dann etwas hektisch, trotzdem habe ich noch das Interview mit Sammy zustande gebracht und konnte der Band meinen ersten Eindruck zu ihren neuen Album „Vanits“ mitteilen, denn wie es auch heute noch immer so ist, ist es der Band wichtig, was die Hörer von den jeweils neuen Werken halten. Das Konzert habe ich leider nicht mehr anschauen können, weil ich dringend zum Bahnhof musste, denn am nächsten Tag hatte ich Geburtstag und für den Tag habe ich eine Feier eingeplant, die ein Kapitel für sich ist und die in meinen – bis heute - letzten Vollrausch (mit 2 Tagen üblen Kater) mündete.

2009 gab es dann noch ein letztes Konzert und ein letztes Treffen, danach gab es keine direkten Aufeinandertreffen mehr. Beziehung, Ehe, Kinder und eine berufliche Selbstständigkeit mit daraus resultierenden anderen Prioritäten sowie eine Konzertmüdigkeit sind die Gründe dafür. Die Broilers haben mich aber nicht los gelassen. Die neuen Alben habe ich weiter verfolgt und konsumiert und die Musik begleitet mich bis heute weiter. Von der „Lofi“ (2004) bis „Santa Muerte“ (2011) habe ich zu jeden Album der Band eine Rezension geschrieben. Das ist leider dann abgerissen.

Vor kurzem ist mit „Puro Amor“ ihr neustes Album erschienen und ich habe lange überlegt, ob ich nach zehn Jahren wieder einmal eine Rezension zu den Broilers verfassen soll. Erst habe ich überlegt, mit den fehlenden Alben zu beginnen, jedoch kann ich das ja auch später noch nachholen. Da mich das neue Album nun schon viele Tage nicht los lässt, gebe ich nun den Drang nach und schreibe etwas dazu. Vorallem nachdem ich heute nach dem Aufwachen noch eine Weile im Bett lag und in meinem Kopf diese Mammut-Rezension in vielen Aspekten schon im Kopf zusammen gesponnen habe, kann ich nicht anders und muss diese Zeilen nun nieder schreiben. Ob das nur eine Ausnahme bleibt oder ob hier auf punkrocknews.de nach 7-8 Jahren Pause doch wieder öfter was passiert, wird die Zukunft zeigen. Wenn ja, sind die Broilers mal wieder nicht ganz unschuldig daran.

Wie war der letzte Stand? „Lofi“ (2004) und „Vanitas“ (2007) waren für mich damals Meilensteine. Nach langer Anlaufzeit hat „Santa Muerte“ (2011) dann doch gezündet und das Album konnte mich begeistern. Als ich mir aber mal wieder angeschaut habe, welche Lieder auf dem Album sind, war ich nun doch erstaunt, wie wenig davon dauerhaft bei mir läuft. Im Grunde sind es neben „Vom Scheitern“ nur noch die Balladen „Gemeinsam“, „Wie weit wir gehen“ und „Singe, seufze & Saufe“ gewesen – aber gerade diese Balladen gehören zu den Liedern der Broilers, die mich am meisten berühren und die ich immer und immer wieder anhören kann. Gerade eben habe ich mal wieder „33 Rpm“ eingelegt und das Lied habe ich wohl seit 2011 nicht mehr gehört und geht durch und durch (ohne lange neue Eingewöhnungszeit) – absolut genial! Ich glaube, ich sollte mal wieder öfter die Lieder hören, die ich nicht so oft in der Playliste habe.

Nach „Sante Murte“ gabs im Jahr 2014 das Album „Noir“ und das ging als Flop in meiner Broilers-Biographie ein. Ich meine das auch von anderen Broilers-Hörern immer mal wieder mitbekommen zu haben, dass sie das auch so sehen. Da ich aber seit „Santa Muerte“ gar nicht mehr genau weiss, welche Lieder von welchen Album sind, habe ich mir die Trackliste von „Noir“ nochmal angeschaut, nicht dass einige der Lieder, die ich oft und gerne höre, am Ende doch von der „Noir“ sind. Und was soll ich sagen? Ich war wieder erstaunt, denn die Lieder sagen mir zu Großteil her nichts. Vor knapp zwei Tagen habe ich extra noch einmal das Album komplett durchgehört und ich habe wirklich nicht viel verpasst. Aber dazu vielleicht mal mehr in einer eigenen Rezension.

In diesen Jahren ging ich davon aus, dass mir die Broilers entgleiten. Die Befürchtung hatte ich ja schon zu „Santa Muerte“, aber auch nach diesem Album war alles noch super. „Noir“ war dann der erste richtige Bruch. Der zweite Bruch war, als die Broilers für meinen Geschmack sich untreu geworden sind. Seit dem Jahr 2000 sage ich der Band eine große Karriere voraus und ich habe auch lange Zeit behauptet, dass die Broilers schneeballeffektmässig mir auch einen sehr großen Teil ihrer Hörer verdanken, da ich Anfang des Jahrtausends sehr sehr viele Leute auf die Broilers gebracht habe (die auch wieder andere neue Broilers-Hörer rekrutiert haben usw.). Aber gute Musik setzt sich halt am Ende auch durch. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass so eine Band früher oder Später Erfolge feiert und all das habe ich den Broilers schon immer gegönnt. Ich habe nur gehofft, dass die Broilers ihrer Linie treu bleiben. Was sie aus heutiger Sicht auch sind, aber nach der „Noir“ hatte ich nicht den Eindruck. Denn – ich glaube ein unschöner Zeitungsartikel war der Grund – die Broilers haben ein Statement heraus gehauen, in denen sie sich distanziert haben von „Heimat“ und meinten, dass sie damit nichts anfangen können. Und das von einer Band die dauernd davon singt bzw. Nuancen des Themengebiets immer und immer wieder pathetisch in sein Werk mit einfließen lässt. Inzwischen glaube ich, dass Sammy bei diesem Statement einfach eine andere Ebene gemeint hat. Trotzdem fahren die Broilers seit 2009 eine politische Schiene, was im Mainstream-Fahrtwind im Rahmen von Kooperationen mit Jennifer Rostock beispielsweise gegen all das spricht, für das die Broilers bisher eingestanden sind. Also „Halt Dein Maul von Politik“ und „KKK und die verdammte Antifa“ war ein ehrlicher und gradliniger Weg. Der neue Weg ist in meinen Augen alles andere als ausdifferenziert. Die Themen werden sehr oberflächlich abgehandelt, gerade was manch angesprochene Grundproblematiken angeht. Was am Ende nicht zur Lösung der Probleme beiträgt, sondern die immer weiter voranschreitenden Spaltung der Gesellschaft nur weiter voran treibt. Aber das ist ein eigenes Thema. Das zeigt aber recht gut, dass selbst die größten Liebesgeschichten nicht reibungslos verlaufen.

Im Jahr 2017 folgte dann das Album "(sic!)", das mich wieder voll abgeholt hat. Zwar politisiert die Band hier soviel wie nie zuvor, doch musikalisch und meist auch textlich hat mich das Album abgeholt und begeistert. „Ihr da oben“ setzt die Balladen-Tradition der Broilers fort und ist ein einzigartiges Lied, das tief berührt. Aber auch „Keine Hymnen heute“, „Zu den Wurzeln“ oder „Und hier steh ich“ höre ich oft und gerne. Und das Schöne an der Kunst ist ja auch die Interpreationsfähigkeit. Das sorgt dafür, dass z.B. „Keine Hymnen heute“ mit großer Sicherheit von verschiedenen Hörern ganz anders, in vielen verschiedenen Varianten, wahr genommen wird, als es der Texter vermutlich gemeint hat.

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2021. Es besteht Konzertverbot für die Broilers, doch ein neues Album steht in den Startlöchern und wurde von mir mit gemischten Gefühlen erwartet.

Die ersten Lieder, die es vorab zu hören gab, waren „Gib das Schiff nicht auf“ und „Alles wird wieder Ok!". Beide Lieder waren nicht schlecht, aber auch keine außergewöhlichen Hits. Ich habe aber schon gespürt, dass das Album wohl kein Durchhänger werden wird (und „Alles wird wieder Ok!“ höre ich mir inzwischen oft und gerne an, obwohl es zu Beginn nur „ok“ war). Hinzu kommt, dass Sammy sehr zuversichtlich und überzeugt davon war, das beste Broilers-Album abgeliefer zu haben. Soweit würde ich nicht gehen, denn so eine Wertung ist natürlich extrem relativ. Die Alben sind immer ein Teil ihrer Zeit und sind miteinander schwer zu vergleichen. „Fackeln im Sturm“ ist als 90er Werk ebenso genial wie „Lofi in den 2000ern. Aber übertrieben hat Sammy mit der Aussage definitiv nicht. Ich bin schwer begeistert, auch wenn ich nach zahlriechen („Alice und Sarah“ habe ich laut last.fm inzwischen über 60 Mal angehört, „Trink mich schön“ knapp 20 mal) Durchgängen noch immer nicht weiss, ob das Album eine richtige Langzeitwirkung haben wird. Ich denke aber schon. Bzw. bin mir inzwischen eigentlich sehr sicher.

Beim Anspielen der ersten Lieder des Albums habe ich schon gemerkt, dass manche Lieder (wie z.B. „Schwer verliebter Hooligan“) sofort zünden und etwas Besonderes auf mich wartet. Wie auch sonst bei den Broilers-Alben brauchten die meisten Lieder Anlaufzeit, bis mir nach und nach klar wurde, dass es keinen richtigen Durchhänger auf dem Album gibt. „Trink mich schön“ und „Alter Geist“ sind zwei Lieder, die mir etwas weniger gefallen, aber die ich mir auch gerne anhöre. Der Rest hat nach und nach gezündet und sich zu einem musikalischen Feuerwerk entwickelt, wie man es sich nur wünschen kann. Wie Sammy selbst auch schon geschildert hat, ist in dem Album alles drin, was man von den Broilers kennt, mag und erwartet. Die Ska-Elemente sind wieder verstärkt vertreten, es gibt Experimentelles und althergebrachtes in neuen Varianten. Textlich geht Sammy wieder sehr in die Tiefe und bringt in vielen Liedern zahlreiche persönliche Gedanken, Gefühle und Emotionen nach vorne, die ihn selbst betreffen und beschäftigen. Man kann sich selbst, die eigenen Gefühle, Sorgen, Gedanken, Erinnerungen darin erkennen und hat dadurch sehr schnell eine tiefe und enge Verbindung zu den Liedern. Die bekannte Mischung aus Humor, Pathos, Melancholie aber auch Hoffnung macht das Album zu etwas Besonderen. Die Lieder im Einzelnen zu besprechen würde diese Rezension noch mehr in die Länge ziehen, deswegen will ich es hier an der Stelle nicht übertreiben.

Zu meinen Favoriten gehört ganz klar „Alice und Sara“. Das Lied hat soviel Druck und geht so unendlich gut nach vorne, das ist kaum zu beschreiben. Besser kann Ska kaum sein. Ein Ohrwurm, der sich perfekt als Dauerschleifenbeschallungshit eignet. Textlich dagegen ein Kapitel für sich. Eine tiefergehende Analyse wäre hier fehl am Platz.

Mit „Diktatur der Lerchen“ wurde mein persönlicher Soundtrack geschrieben. Für mich als übelste Nachteule ein absolutes Muss.

„Schwer verliebter Hooligan“ ist ein gelungener Smasher und erinnert musikalisch und textlich an die Anfangszeiten der Broilers – wieder gemixt mit viel Metaphern, Pathos, Wortspielen, Ironie und Humor. Einfach herrlich!

Was mir auch sehr gut ins Ohr geht und was erst sehr spät gezündet hat war „Da bricht das Herz“. Irgendwie mal was anderes, super Rhythmus.

Auch sonst hat jedes Lied seine Reize. Neben den zwei oben erwähnten Liedern, die leicht durchhängen, hat jeder Track was für sich und nimmt mich mit.

Das einzige was ich vermisse ist die klassische Ballade. Zwar kommt „Dachbodenepisoden“ dem sehr nahe, aber das Lied hat noch einmal eine andere viel ruhigere Ebene, was mir sehr gefällt und was mich sehr anspricht, aber ein kleines bisschen was vermissen lässt, damit das Album wirklich allumfassend perfekt wäre. Dennoch kommt „Puro Amor“ dem sehr nahe.

Das große große Problem bei den Broilers ist, dass bereits seit „Verlierer sehen anders aus“ der erste Eindruck des Albums nichtssagend ist. Wie ein guter Wein braucht ein Broilers-Album viel viel Zeit, um richtig zu zünden. Es benötigt viele Durchläufe, um sich durch den Dschungel an Metaphern zu wühlen, den Pathos vollends zu inhalieren, die Musik wirken zu lassen, um dann anschließend den Gefühlen freien Lauf lassen zu können. Aus der schwammigen Rockmusik, die sich im ersten Moment nicht sonderlich abhebt von der musikalischen Masse, wird so nach und nach in Form von kleinen musikalischen und textlichen Akupunkturstichen ein emotional berührendes tiefgreifendes Kaleidoskop, das seinesgleichen sucht. Die Musik geht so tief, das es kaum zu beschreiben ist. Die Lieder verfolgen mich beim Einschlafen und auch nach dem Wach werden. Und es sind keine einzelne Lieder, es sind Fragmente, kurze Zeilen, die mir immer wieder im Kopf herum schwirren. Dann schaue ich einen kleinen TV-Beitrag zu den Broilers auf YouTube und merke, wie mich die gerade gezeigte Musiksequenz wieder mitreisst und ich gar nicht mehr auf den Sprecher des Beitrages achte. Emotionen überkommen mich. Musik wie sie sein sollte. Und dann sind die Lieder noch gespickt mit Anleihen an alten Liedtexten, was neue Musikerlebnisse mit alten Emotionen und Erinnerungen vermengt und damit einen Cocktail mischt, den man genialer nicht aufbereiten könnte. Es ist aber schon so deep, dass es zum Teil fast unangenehm ist. Man fühlt sich in einerm Dauerzustand des Momentes vor dem Orgasmus versetzt oder dem Moment, kurz bevor man nießen muss. Man möchte irgendwie ausbrechen. Wenn man die Musik abschaltet, ist es unbefriedigend und so stürze ich mich dauernd neu in das Album. Und kriege nicht genug davon. (sk)

Unsere Bewertung:

5 / 5 Punkte

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