Der W - III

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Der W - III

Label: 3r Entertainment
VÖ: 19. Oktober 2012

14.11.2012 - Für Anhänger deutscher Rockmusik sollte der Oktober 2012 ein ganz besonderer Monat werden. Warum? Stephan Weidner alias Der W bringt das verflixte dritte Album an den Start, das sich laut eigener Aussage diesmal besonders durch die rockige Attitüde und den neu entfachten Bandvibe auszeichnet. Na, schauen wir mal. Äußerlich macht „III“ – wie einst zu „Schneller Höher Weidner“ Zeiten einen eher minimalistischen, sogar schlichten Eindruck, doch bereits im Booklet geht mächtig die Post ab. Handgeschriebene Lyrics, haufenweise Illustrationen voller Rebellentum mitsamt Titten, Boxern und tätowierten Tunichtguten. Ich fühle mich unweigerlich an 1995 und „Hier sind die Onkelz“ erinnert und es scheint, als kommt im Hause W eine Art zweiter Frühling auf.

Dabei beginnt die Platte gar nicht mal so gut. Mit „Operation Transformation“ gibt es hier einen eher schwachbrüstigen Opener auf’s Tablett, der zwar mit einigen Stoner-Riffs aufwartet, sich jedoch eher im Fahrwasser von „Was ist denn hier nicht los“ der letzten EP absetzt – natürlich ebenfalls mit W eigenem Pathos. Wie sich allerdings ab jetzt an raustellt, sollte dies glücklicherweise einer der sehr wenigen Kandidaten für die Skip-Taste werden. Schon „Mordballaden“, vorab als Single ausgekoppelt, macht mit sau starkem Refrain und fett groovendem Endpart (inkl. gesellschaftskritischer Lyrics) mächtig Bock auf mehr. So auch „Kampf den Kopien“, was einen gleich mit dickem dynamischen Bassriff empfängt und mit tiefen Gitarren hinterherreitet. Mächtig viel Wut katalysierend kommt hier erstmals die Abneigung gegen all die Post-Onkelz Bands zum Ausdruck. „Ihr macht Geld – keine Kunst!“ – eine klare und wohl sicherlich recht kontrovers diskutierte Aussage vom Altmeister.

Bevor man zum nächsten Höhepunkt des Albums gelangt, muss man sich zwangsläufig durch „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“ kämpfen, was auch durch Mundharmonikaeinsatz nicht cooler zu werden scheint. Laue Nummer mit ebenso lauem Text. Nun aber: Kafkas Träume! Eine Monsterballade ganz tief aus der Kiste mit konstantem Gänsehautfaktor und noch geilerem Video (auf der DVD der Deluxe Edition). Genau so ist mir der W immer noch am liebsten: nachdenklich, melancholisch und doch positiv aggressiv. Selbst das sonst ziemlich schrille Gitarrenspiel Dirk Czuyas weicht hier, zum Glück, einem hervorragendem Solo, was teilweise sogar an Onkelz Zeiten erinnert. Auch das für mich ein kleiner Wehmutstropfen: Der schrille Stil von Dirk stand den Songs auch schon auf der Autonomie! nicht unbedingt gut zur Seite. Davon ist „III“ allerdings weniger betroffen.

Zum Ende hin wird nochmal mächtig angezogen und flotte Songs à la „Judas“, „Lektionen in Wermut“ und „Lachen steckt an“ bereiten auf’s abschließende Highlight „Stirb in Schönheit“ vor. OK, ein Saufsong – aber was für einer! Eingeläutet von Kotzlauten, die eher an ein sterbendes Schwein erinnern und dem vom W-TV bekannten Riffs grooved sich der Song über vier Minuten ins Ohr und in den Nacken. Der Song, der bei mir als erstes hängen blieb.

Fazit: Ein wirklich starkes Album vom W, was jedoch – wie auch schon sein Vorgänger „Autonomie!“ – mehrere Durchläufe benötigt und Zeit braucht (bestes Beispiel „Herz voll Stolz“), um vollständig zu zünden, dann aber umso mehr kickt. Da verzeiht man auch gerne Songtitel wie „Vergiss mein doch“ oder den ein oder anderen lyrischen Durchhänger („Lachen steckt an“). (bp)

Unsere Bewertung:

4 / 5 Punkte

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