Olaf Jöhnk - Dazlak - Skinhead

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Olaf Jöhnk - Dazlak - Skinhead

Umfang: 89 Min.
Genre: Spielfilm
VÖ: 08. Juni 2007
Label: Sunny Bastards

08.06.2007 - Das Thema Skinhead wurde ja schon sehr oft in den deutschen Medien aufgegriffen. In der Zeit vor der Wiedervereinigung eher weniger (z.B. in Filmen wie das Fernsehspiel "Zagarbarta") und wenn, dann meist noch mehr oder weniger authentisch. Als nach der Wende und der gewonnenen Fußball Weltmeisterschaft in Italien die nationale Euphorie wieder anfing, abzuschwappen, und der allgemeine Frust sich breitmachte, suchte sich der kleine Bürger einen Schuldigen für vorhandene Mißstände und uneingelöste Versprechen. Man fand diesen im "Fremdartigen", also in Ausländern im Allgemeinen, aber konkret auch in – in dieser Zeit vermehrt vertretenen – Asylanten. Die Folge hiervon waren die Anschläge auf Asylantenwohnheime in Städten wie Mölln, Rostock-Lichtenhagen, Lübeck oder Hoyerswerda. Da hier neben zahlreichen "Normalbürgern" auch viele junge Menschen dabei waren, die offenkundig rechte Parolen nach außen trugen und sich gleichzeitig das Stigma "Skinhead" auf die Fahne schrieben, wurde diese Jugendbewegung schlagartig präsent in den Medien. Da es für die breite Masse nicht relevant war und man die schrecklichen Taten natürlich in den Vordergrund stellen mußte, ging man nicht auf die eigentliche Bedeutung der Vokabel "Skinhead" ein, sondern nutzte sie pauschal für "Boneheads". Somit wurde das Wort "Skinhead" zum Synonym für "rechte Schläger". Dumpf und prollig, so stellte man sie immer wieder dar. Sei es im allabendlichen Kriminalfilm, in Kinohits wie "Go Trabi Go 2" oder in den Nachrichten. Dieses Vorurteil ist bis heute noch in vielen Köpfen der Bevölkerung vorhanden, wenn auch schon sehr viel Aufklärung betrieben wurde. In den Medien ging dieses Vorurteil auch etwas zurück. 2000 kam sogar ein Indie Film in einige deutsche Kinos, der komplett in eine andere Richtung ging… Es war der Film "Oi!Warning". Zwar wird der Hauptdarsteller dort auch dumpf und prollig dargestellt, dafür aber "unpolitisch".

Ich habe mich sehr gewundert, als ich erfahren habe, daß es schon 1997 einen Film gab, der nicht nur gegen die gängigen Klischees anging, sondern sie sogar nutzte, um dem Zuschauer den Spiegel vorzuhalten. "Dazlak" heißt der Streifen, der damals sogar öffentlich gefördert wurde. Ursprünglich sollte er auch in die Kinos kommen. Am Ende war nur eine einmalige Ausstrahlung in der ARD drin, danach hörte man zehn Jahre nichts mehr von diesem Film. Dieses Jahr hat das Label "Sunny Bastards" den Streifen aus den Archiven geholt, um ihn auf DVD zu veröffentlichen. Das Ergebnis ist eine liebevolle DVD Veröffentlichung die dem Film sehr gerecht wird. Neben einem angemessenen Artwork, findet man im Beiheft zahlreiche Bilder, einige Zeitungsberichte, die während des Drehs in Franken veröffentlicht wurden, und ein ausführliches Interview mit Susanne Schlaepfer, der damaligen Produzentin des Films. Gerade das Interview bietet zahlreiche Hintergrundinformationen. Auf dem Silberling selbst kann man neben einigen Sunny Bastards Trailern auch eine Setfoto-Diashow begutachten und auch ein Live-Mitschnitt des Songs "Gewalt" von "Troopers" (United Voices Festival, Hamburg) ist vorhanden. Denn Troopers sind musikalisch auch in diesem Film verewigt.

Inhaltlich geht es um eine junge Frau namens Jenny, die auf einer nächtlichen Autofahrt einen Skinhead im Straßengraben findet, der gerade einen Unfall hatte. Nach der Rettung beginnt er, das Auto von Jenny zu demolieren. Nur kurze Zeit, nach dem sie ihn ins Krankenhaus gebracht hat, nimmt sie ihn wieder mit, weil sie den Skinhead als Beweismittel braucht, um ihre Arbeit nicht zu verlieren. Er war ja schließlich der Grund, warum das Auto kaputt ist und sie nachts ins Krankenhaus gefahren ist. Auf der Fahrt zu ihrem Arbeitgeber gabeln sie noch den "Neger" Kola auf. Dieser fühlt sich mit einem Skinhead in einem Auto zuerst nicht sehr wohl. Scheinbar eine brisante Konstellation, die aber noch viel Überraschungen in sich trägt.

"Dazlak" ist einmalig. Dieser Film ist für seine Zeit etwas Außergewöhnliches. Noch nie habe ich einen Streifen gesehen, der mit dem Thema Skinhead so offen und leicht umgeht wie "Dazlak". Vorurteile werden hergenommen, um den Zuschauer sehr direkt den Spiegel vorzuhalten. Dialoge wie Jenny: "Du sprichst ziemlich gut deutsch." Kola: "Das ist normal in Wiesbaden." sind immer wieder zu finden. Der Kleinbürger kriegt hier sein Fett weg, der Punk auch, sogar die Skinheads selbst. Denn "Dazlak" wird keineswegs smart dargestellt. Oberflächlich ist er. Brutal, engstirnig und einfach dumpf, wie viele Skinheads - egal welcher Couleur - es nun mal leider viel zu oft sind. Er hat seine Probleme und das merkt man. Doch es schimmert immer wieder durch, daß in ihm etwas schlummert, was entdeckt werden will. Und das scheint Jenny immer mehr zu schaffen im Laufe des Films.

Der Film "Dazlak" hat sicher auch viele Schwächen, doch die Stärken gleichen das wieder aus. Neben Florian Lukas als Dazlak sind auch weitere bekannte Schauspieler wie Peter Rappenglück oder Cleo Cletschmer mit von der Partie, was den Film in meinen Augen auf dieselbe Ebene wie "Superstau" oder "Go Trabi Go" stellt. Ein Roadmovie der Spaß macht, oft zum schmunzeln anregt, vielen wird der ein- oder andere Lacher aber auch im Hals stecken bleiben. Eine Komödie mit Hintergrund. In jedem Falle sehenswert! (sk)

Unsere Bewertung:

3 / 5 Punkte

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