Rock'n'Ink 2013 Tattoo Festival - 25.05.2013 bis 26.05.2013 - Chemnitz, Messe

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Rock'n'Ink 2013 Tattoo Festival - 25.05.2013 bis 26.05.2013 - Chemnitz, Messe

30.05.2013 - Rock’n’Ink Tattoo Festival – 24.05.2013 bis 26.05.2013 – Chemnitz, Messe

2013. Das Wochenende nach Pfingsten. Für Millionen Menschen sollte etwas ganz Großes anstehen: Das Champions League Finale zwischen Borussia Dortmund & Bayern München in Wembley, London. Doch auch etwa 1000 Kilometer weiter östlich stand ein dickes Event in den Startlöchern und das schon zum vierten Mal in Folge: das Rock’n’Ink Tattoo Festival in der Stadt der Moderne, die auch auf den Namen Chemnitz hört. Glücklicherweise indoor, denn dieses Wochenende war der Regen vorherrschend. Übrigens, wer es von euch nicht so mit Buchstaben hat: Bei uns findet ihr auch Fotos vom Event.

Freitag. Losgehen sollte es mit Serum 114 auf der Mainstage, die vor allem in der Deutsch-Rock Gemeinde großen Anklang gefunden haben und dort als eine deutsche Version der legendären Social Distortion gesehen werden, was ich mitnichten nachvollziehen kann. Dementsprechend bin ich auch mit nicht allzu großen Erwartungen vor die Bühne getreten und wurde doch positiv überrascht. Denn trotz des, im Deutsch-Rock üblichen, Vokabulars gefielen mir die Frankfurter doch ganz gut und kamen auch zwischen den Songs recht sympathisch daher. Ein guter Opener für’s Festival.

Folgen sollten auf der kleinen Bühne die französischen Rocka-/Psychobillies mit dem witzigen Namen The Wolfgangs. Und meine Fresse, da machte sich zum ersten Mal die Freude breit, dass dieses Jahr besonders viele female-fronted Bands auf den Brettern stehen sollten. Sängerin Cha ist nämlich ein echter Hingucker, die ihre Reize mit knappem Lackoberteil und knallenger Lederhose mächtig hervorheben zu wusste. Und auch musikalisch hatten die Franzosen einiges drauf und repräsentierten gleich zu Beginn hervorragend die zweite musikalische Facette des Rock’n’Ink neben dem Punkrock.

Als nächstes heizten die Turbo A.C.‘s aus New York die Meute mit ihrem Punkrock kombiniert mit einigen Surfelementen ordentlich ein. Zunächst etwas verwundert über die doch recht verhaltenen Reaktionen des Publikums, was ja leider auf Tattooconventions desöfteren etwas problematisch zu sein scheint, rockten sie dann doch unbeeindruckt Song für Song ihr Set runter und lieferten somit einen soliden Auftritt ab, wenn auch live die Surfelemente nicht allzu sehr durchdringen wollten. Nun aber ganz schnell ab zur kleinen Bühne, denn da für die King Kerosin Girl Show zunächst von den stets etwas unbeholfenen Moderatoren als SM- und dann doch als Ledershow angekündigt. Schlussendlich war‘s eine stinknormale Stripshow zweier Ladies, die mit Tattoo & Punkrock so viel zu tun hatten wie ein Pornostar mit Enthaltsamkeit. Dennoch wurden fleißig die Kameras gezückt und die Stripshow alles in allem zu einer runden (vielleicht etwas zu rund? haha) Sache. Habt ihr gut gemacht, Mädels!

Da der Auftritt der Skinheadlegenden The Last Resort leider ausfallen musste, da die Herrschaften am Londoner Flughafen festhingen, konnte man sich nun in aller Ruhe auf dem Messegelände umschauen. Auch 2013 gab es wieder jede Menge Tätowierer bei ihrer Arbeit zu begutachten und auch für die Shoppingwütigen waren einige Stände vorhanden. Dennoch schien es – und das sollte das gesamte Wochenende so bleiben – einen gewissen Besucher- & Ständerückgang zu geben. Bin ich der einzige, der das Ganze letztes Jahr etwas besser besucht & etwas größer in Erinnerung hatte? Einige Festivalbesucher stimmten mir in dem Punkt ebenfalls zu. Sei’s drum.

Und wieder gab es Girlpower zu bestaunen: Peggy Sugarhill & The Eldorado Tigerettes legten auf der kleinen Bühne mächtig los und brachten mindestens ebenso viel Spaß. Die äußerst selbstbewusst bis freche Fronterin ließ sich da auch nicht von dem, nach der Stripshow, aufgeheizten Publikum beeindrucken und erwiderte einige „Ausziehen“-Rufe nur mit einem kessen: „Zieh‘ du dich doch auch, du Arsch!“. Zugegeben war die Band optisch ein ziemlicher Hingucker, vor allem die Kontrabassistin, deren Instrument ungefähr dreimal so groß wie sie selbst zu sein schien und die Schlagzeugerin, welche sogar aus Chemnitz stammt. Jene und die Gitarristin bedienen sonst bei The Black Sheep ihre Instrumente und halfen Peggy Sugarhill quasi aus. Dies konnte man ab und an auch merken, jedoch überspielten sie es – ganz Rockabilly-like – mit Charm und Können. Schönes Ding! Kommt ruhig mal wieder!

Nun aber genug der Damen, denn Betontod machten sich auf der Mainstage bereit und ließen ihren derben Punkrock auf die Besucher los. „Hömma, samma, womma nomma Biertrinken gehen?“, fragten sie. Na, aber sicher wollen wir! Mit ihrem eigenen Ruhrpottcharme und einem Fronter, der nicht nur optisch, sondern vor allem stimmlich an eine Punkrock-Version von Micha Rein (In Extremo) erinnerte machten die Herren gehörig Spaß und verbreiteten mächtig gute Laune. Live sicherlich für das ein oder andere Festival zu empfehlen – gerade bei Sonnenschein und unter freiem Himmel ein guter Tipp.

Es folgte das absolute Highlight des Freitags, nämlich die Gruselgestalten aus den Wiener Landen: die Bloodsucking Zombies From Outer Space und sie legten fulminant los. Insgesamt könnt ihr euch ein Bild von ihrem knapp 45 Minuten Set machen, wenn ihr euch deren wirklich gelungene Best-Of „Decade Of Decay“ zulegt. Von „Moonlight Sonata“ über „Reign Of Devils“ bis zu „I Wanna Hear You Scream“ war alle Hits im Set versammelt und die Wiener Buam machten mächtig Rabatz. Mit einer Mischung aus viel Bühnenerfahrung, sehenswertem Können an Instrumenten und einer Menge Spielspaß können die Zombies immer noch jedes Publikum begeistern und das taten sie dann auch an diesem Abend. Grandios! Leider nicht ganz so grandios kamen dann die Meteors auf der Hauptbühne daher. Eigentlich gelten die Herren Paul P. Fenech ja regelrecht als Legends Of Psychobilly, jedoch konnten mich die Briten so absolut nicht vom Hocker reißen. Zu Hause sehr gerne – live jedoch gnadenlos an den recht hohen Erwartungen meinerseits gescheitert. Bisschen weniger Attitüde & Gehabe und bisschen mehr Live-Power, bitte. So leider nur Durchschnitt.

Samstag. Gerade in der Messehalle angekommen, konnte ich nur noch den letzten Tönen der Ska-Newcomer Buster Shuffle wahrnehmen. Noch als Broilers Support gut in Erinnerungen bin ich sicher, dass die Briten auch diesmal gut Spaß gemacht haben, so war es vor der Bühne trotz der frühen Spielzeit doch recht gut gefüllt. Direkt im Anschluss sorgten die Hellfreaks auf der kleinen Bühne für Aufsehen. Auch wieder so ein weiblicher Hingucker am Mikro. Noch knapper bekleidet als Cha von den Wolfgangs und mit deutlich rotziger Attitüde legten die Ungarn mit ihrem hektischen Psychobilly los und machten dabei eine äußerst gute Figur. Hier und da wurde es eventuell etwas eintönig, jedoch störte das die Damen & Herren vor der Bühne relativ wenig. Sogar zu einigen Animierungsversuchen ließen die sich hinreißen. Da Ungarn mir seit jeher sehr sympathisch sind, machen The Hellfreaks da auch keine Ausnahme und reihen sich in die Riege der guten female-fronted Bands auf dem Rock’n’Ink 2013 ein.

Nun folgte eine über einstündige Durststrecke in Form eines Tattoo Contests. Ich kann ja verstehen, dass sowas auf einer Tattoomesse definitiv dazu gehört, jedoch war die ganze Prozedur so dermaßen zäh und so spannend wie ein Besuch bei einem Bridge-Turnier im Altenheim. Die bemühten & durchaus sympathischen Moderatoren, die allerdings nie über Kreisklassenniveau hinauskommen konnten, retteten da dann auch nicht mehr viel. Ei ei ei – wollt ihr das jetzt wirklich jedes Jahr so machen, Rock’n’Ink? Die nun folgende Burlesque-Show der attraktiven Roxy Diamond sollte absolut Vergnügen bereiten, wenn auch nur ein kurzes. Gefühlte 5 Minuten (von 30 angekündigten) tanzte die Dame aufreizend und im Mexican-Death-Look über die Bühne, beträufelte sich mehrmals mit Blut und ließ einiges sehen. Trotz der Kürze war die Burlesque-Show ein schöner Abschluss für mich an diesem Tage, denn notwendigerweise musste ich zu Hause meine bessere & äußerst angeschlagene Hälfte versorgen. Mit dem netten Nebeneffekt, dann doch noch das Champions League Finale gucken zu können. Zu dem Ergebnis schweige ich mich an dieser Stelle jedoch aus...

Sonntag. Den letzten Tag der Tattoomesse sollten Kitty In A Casket starten und mit einer ebenfalls sehr süßen Fronterin und ihrem Psychobilly hatten sie schon mal alle Sympathien auf ihrer Seite. Leider waren Sonntag nicht mehr allzu viele Besucher am Start, von denen sich anscheinend noch viel weniger für die Bands zu interessieren schien. Schade eigentlich, taten doch die Wiener alles, um das Publikum mit ihrer charmanten Art zu motivieren, sich auch mal ein wenig an der Show zu beteiligen. Hier und da merkte man der Band auch die ein oder andere Limitierung, was Bühnenshow, Instrumentenniveau & Erfahrung angeht, jedoch freue ich mich jetzt schon sehr, die noch einmal in einem kleinen, vollen Club live zu sehen. Hat sehr Spaß gemacht!

Letzten Abend noch etwas geärgert, hatte ich nun die Möglichkeit, die großankündigte Freakshow von Mr. Kurt Späth zu bestaunen. Mehrmals kokettierte der gute Mann damit, dass er ja beim RTL Supertalent dabei war und war auch nicht müde, von seinen Erfahrungen mit der Show zu erzählen. Ich weiß nicht, ob man unbedingt so sehr darauf stolz sein muss, bei dieser Medienclownerie dabei gewesen zu sein, hätte mich allerdings auch nicht weiter gestört, wäre die Show besser gewesen. Vielleicht ist man mittlerweile einfach zu viel gewohnt (vor allem von den teilweise grandiosen Shows der letzten Jahre auf der Messe), jedoch erreichte die Show von Herrn Späth allenfalls ein unbefriedigendes Jahrmarktniveau. Ob das am neuen Plüschtier und Rummelstand im Outdoor-Bereich lag? Bevor nun der nächste Tattoocontest anstand, schauten wir uns lieber noch einmal bei den Tattooständen um und entdecken eine Reihe von Australiern, die es wirklich wahnsinnig drauf hatten. Unfassbare Motive offenbarten sich da unseren Augen.

Fazit: Für eine Tattoomesse immer noch ein absolut außergewöhnliches Erlebnis, jedoch würde ich mir als jemand, der hauptsächlich wegen der Bands hingeht, ein paar mehr Hochkaräter wünschen und auch den ein oder anderen Stand mehr, der zur Betätigung einlädt. Positiv herausstechend war die hohe Anzahl an weiblichen Künstlerinnen aller Art und ich hoffe, das findet auch im nächsten Jahr seine Fortsetzung. Das Auge isst eben bekanntlich mit... (bp)

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