With Full Force - 29.06.2012 bis 01.07.2012 - Roitzschjora, Alter Flughafen

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With Full Force - 29.06.2012 bis 01.07.2012 - Roitzschjora, Alter Flughafen

05.07.2012 - Ach ja, das With Full Force und ich – eine lange Geschichte. 2006 war ich das erste Mal auf dem „härtesten Acker Deutschlands“ und das Ambiente, die Bands, die Leute und die Stimmung haben mich so sehr geflashed, dass ich seitdem (bis auf eine Ausnahme) jedes Jahr wieder hingefahren bin. Seitdem hat sich einiges geändert. Nicht nur, dass man mittlerweile weiß, was man alles so zum Campen braucht, dass z.B. ohne Pavillon nichts geht und wann man anreisen muss, um keine halbe Stunde und mehr zur Bühne zu laufen, auch war ich dieses Jahr das erste Mal für Punkrocknews als Redakteur vor Ort. Zeit also, um euch das Geschehene zu schildern. Eins vorweg: Es sollte ein wirklich außergewöhnliches Festival werden!

Freitag. Es dauerte eine ganze Zeit, bis die Nachwehen des, live auf einer LED-Wand übertragenen, Fußballspiels Deutschland gegen Italien (1:2) samt der Enttäuschung verflogen waren und der folgende Kater als überstanden galt. Also schnell wieder Kraft getankt und ab auf des Festivalgelände und zu den Bühnen. Nachdem die letzten Töne von Skeletonwitch, quasi einer Reinkarnation der NWOBHM, verklungen waren, legten in der Tentstage Eyes Set To Kill direkt los. Und was soll ich sagen? Liebes With Full Force, einen besseren Einstand kann man sich eigentlich gar nicht wünschen: Die Band um die zwei bildhübschen Schwestern Alexia (Voc/Git) und Anissa (Bass) machten nicht nur optisch eine gute Figur. Mit viel Energie brachten sie das Zelt um Beben und was hier besonders auffiel, war zum einen die beachtliche Anzahl an Zuschauern zu einer so frühen Zeit und der sehr laute Sound. Dieser machte die Shouts von Fronter Cisko zuweilen zu einer ziemlich nervenaufreibenden Angelegenheit, dafür kamen aber die weiblichen Vocals umso besser herüber. Ein wirklich guter Auftakt, wenn auch die – für das Full Force obligatorischen – Rufe nach Wall Of Death und Circle Pit noch nicht die gewünschten Reaktionen zeigten.

Nach diesem metalcore-lastigen Einstand sollte nun noch ein paar Tonnen Stahl draufgelegt werden, denn Devildriver machten sich auf der Mainstage bereit, ihre Double-Bass-Salven und Stakkato-Attacken auf die Meute loszulassen. In den USA längst eine große Nummer, schafften es die Herren um Dez Fafara es in Deutschland bislang noch nicht zu einem Slot am Abend. Eigentlich unverständlich, so reißt einen die Mischung aus Death- & Thrash Metal doch mächtig mit. Da durften Hits wie „Hold Back The Day“ oder „End Of The Line“ natürlich auch nicht fehlen. Auf die Fresse – California-Style! Das Publikum hat es ihnen sichtlich gedankt. Weiter ging es düster mit den Finnen von Insomium. Im Hintergrund ein überdimensionales Banner, auf dem ein trostloser Ästewald abgebildet war, versuchten sie den Leuten zu zeigen, dass nicht nur die Schweden was von Melodic Death Metal verstehen. Einziges Problem: Diese düstere Mischung funktioniert leider bei strahlender Sonne nur bedingt, vielleicht war es aber auch nur dem extrem drückenden und heißen Wetter geschuldet, dass sie relativ wenig Leute vor der Bühne für die Band begeistern konnten. Nach einem kurzen Abstecher zum Zelt und dem Genuss von, noch relativ kalten, Getränken hieß es nun erstmal: Festival-Gelände erkunden. Beeindruckend gleich zu Beginn die Tatsache, dass die Merchschmiede Impericon mittlerweile nicht nur die komplette Tentstage inne hat, sondern auch mit einem riesigen Stand samt Autogrammstundenprogramm am Start war. Und Autogramme holten die Leute sich massig. Es gab kaum eine Zeit des Tages, an dem die lange Schlange vor dem Zelt nicht zu sehen war. Der nächste Hingucker war die zweistöckige Jägermeisterblockhütte, die mitten auf dem Festivalgelände zu einer permanenten Anlaufstelle werden sollte. Nicht nur, weil die dort ebenfalls ihr eigenes kleines Rahmenprogramm bestehend aus mehreren kleinen Bands und Discomusik in den Umbaupausen der Mainstage präsentierten. Vermisst habe ich ein wenig den Gizeh-Stand, der einem vergrößerten Pall Mall Area weichen musste und den Ficken-Likör-Stand, den ich am Sonntag recht abseits dann aber doch entdeckte. Ansonsten gab es natürlich ebenfalls allerhand Verkaufsstände und Essensstände mit zumeist überteuerten Preisen. Was soll’s – man ist ja mittlerweile nichts anderes mehr gewohnt.

Nun aber wieder zurück zu den Bands. Die christlichen Metalcorer August Burns Red aus Pennsylvania standen an und auch für viele Besucher wohl auf dem Zettel ganz oben. Metalcore und With Full Force – das funktioniert seit eh und je bestens. So war auch vor der Bühne massig Andrang zu verzeichnen und die Amis dankten es mit einer Show, die Wutklumpen an Wutklumpen aneinander reihte. Oder sollte ich doch lieber sagen Breakdown an Breakdown? Dieses Stilelement zerstückelte beinahe jeden Song und so konnte ich mit den Jungs leider nicht ganz so viel anfangen. Die Leute gingen allerdings ziemlich darauf ab. Jetzt wurde es schwierig: die Spaßvögel von We Butter The Bread With Butter oder doch die Punklegende von Pennywise? Da ich hier im Auftrag von Punkrocknews unterwegs bin, waren letztere natürlich Pflicht. Nicht zuletzt auch, weil seit einigen Jahren Ignite-Fronter Zoli Téglás den Job am Mikro inne hat. Mit einem derben Spruch von Gitarrist Fletcher legten die Kalifornia auch direkt los – vorerst ohne den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Spätestens jetzt sollte jedem an der zahlreich anwesenden Zuschauern klar gewesen sein, warum die Jungs einer der Vorreiter des Melodic Hardcore sind. Ungewöhnlich war allerdings, dass Fronter Zoli zwischen jedem der extrem nach vorne preschenden Songs hinter die Bühne verschwand. Das zunächst als sarkastisch verstandene „Call the doctor!“ von Flechter sollte allerdings gar nicht so weit hergeholt sein. Kurz vor dem letzten Song klärte Zoli die Zuschauer auf. Er habe im Rahmen einer Hilfsaktion von einem Pelikan(!) einen Schlag auf den Rücken bekommen, werde aber erst nach der Show ins Krankenhaus fahren. Was für ein Einsatz – der pure Wahnsinn! Erst die unglückliche, aber erfreulicherweise überstandene Krebserkrankung von einigen Jahren und jetzt das. Es folgte der wohl bekannteste Pennywise-Song, der sich zur Hymne des Freitags entwickeln sollte: Bro-hymn! Es gab kein Halten mehr und das Full Force mutierte zu einem gigantischen Chor – Gänsehautfeeling inklusive!

Kurz darauf zog sich das Emmure Banner auf der Mainstage hoch. Die sollten doch eigentlich im Zelt spielen?! Taten sie aber nicht, denn unerfreulicherweise fielen Lamb Of God aus. Und das wegen eines terminlichen Problems der besonderen Art: Sänger Randy Blythe saß in tschechischer Untersuchungshaft mit Anklage auf Totschlag/fahrlässiger Tötung – uff! Bereits 2010 soll – der eigentlich allseits geschätzte – Randy einen, wiederholt auf die Bühne stürmenden Fan so unglücklich von der Bühne befördert haben, dass dieser schwere Verletzungen erlitt, die später zum Tod geführt haben sollen. Starker Tobak. Doch aller Ärger über den kurzfristig bekanntgegebenen Ausfall half nichts und man machte sich erst einmal wieder auf zum Zeltplatz für eine weitere Stärkung. Das erbarmungslos heiße Wetter und der pralle Sonnenschein forderten ihren Tribut. Anschließend war auch die Zeit des ersten Co-Headliners gekommen, der da auf den Namen Suicide Silence hörte, was zumindest mich sehr verwunderte, belegen die Jungs aus Kalifornien auf den meisten anderen deutschen Festivals einen weitaus früheren Slot. Es sollte sich nun aber zeigen, wieso die Position auf dem With Full Force absolut gerecht war. Vor einer nicht enden wollenden Zuschauermenge fackelte die Band mit vollem Einsatz ein Deathcore-Feuerwerk, was wohl seines gleichen sucht. Allein die Menge der Fans war der pure Wahnsinn und stellte den kommenden Headliner vor eine extrem schwierige Aufgabe, das Ganze überhaupt noch zu toppen. Und das alles, obwohl die Jungs erst drei Vollalben auf dem Markt haben.

Es folgten nun aber die legendären Machine Head, die auch gleich mit dem Opener ihres aktuellen Outputs „Locust“ loslegten und allen Anwesenden ihre enormen Livequalitäten präsentierten. Da saß wirklich jeder Ton und in jedem Schrei von Rob Flynn steckten dermaßen viele Emotionen, dass ein Stillstehen – für mich jedenfalls – praktisch unmöglich war. Zwischenzeitlich eigentlich schon fast abgeschrieben und spätestens seit „The Blackening“ wieder ganz oben dabei, machten sie deutlich, warum sie den Headlinerposten mehr als verdient hatten. Die Setlist bestand dabei sowohl aus alten Krachern (u.a. „Old“) und neuen Songjuwelen wie dem Überhit „Halo“ und dem Metalballade „Darkness Within“. Gerade der Song war ein einziges Gänsehauterlebnis und wurde mit mächtigen Worten von einem extrem gut aufgelegten Rob Flynn in einer Art Predigt (auf die Musik!) angekündigt – Atmosphäre pur. Für die sorgten nicht zuletzt auch die Bühneneffekte, die aus massig Pyro und Stickstoffkanonen bestanden, die gerade zum Ende hin immer mehr wurden, bis schließlich nach dem letzten Song noch minutenlang Feuerwände loderten. Einfach nur episch und definitiv eines der Festival-Highlights! Doch die Nacht war noch lange nicht vorbei. Es sollte nun noch richtig böse, true und vor allem evil werden: Die Knüppelnacht stand an und den Anfang machten Dark Funeral! Black Metal aus Schweden und genau so klang der auch! Mit dieser Musikrichtung ist es immer so eine Sache. Entweder kommt die ganze Düsteratmosphäre voll zum Tragen und man kriegt die Kinnlade nicht mehr zu oder es kreischt und quietscht an allen Enden und man flüchtet von der Bühne. Dark Funeral gehörten mit Abstrichen jedoch zu Fall Nummer 1 und spielten ihre ganze Erfahrung (1993 gegründet) gekonnt aus, um dem Satan, Luzifer, Belzebub und wie er nicht noch so heißt, zu huldigen. Generell ist diese Musikrichtung nicht für die größte Bewegung im Publikum bekannt und so starrten die Anwesenden in der Tentstage Richtung Bühne und streckte ihre Metal-Horns zwischen den Songs in die Höhe. Nach dem nun folgenden Death-Metal/Grindcore-Gebolze Dying Fetus, dem ich nur kurz lauschte, betraten Endstille die Bretter. Auch Black Metal, aber ganz im Gegensatz zu Dark Funeral kein Satan weit und breit. Stattdessen nehmen sich die Kieler Jungs weit weniger ernst und setzen mehr auf Kriegslyrik. Leider ordnen sie sich damit eher dem Fall Nummer 2 zu, denn während der gesamten Show sprang absolut kein Funke über. Der Black Metal lebt einfach von einem völlig irren und extremen Kult, den die Kieler Jungs mit ihren recht unbeholfenen Ansagen leider nicht auf die Bühne bringen konnten. Wollten sie aber wohl auch gar nicht. Nicht mein Fall – macht aber auch nichts.

Die nächste und gleichzeitig letzte Band für mich sollten in dieser Nacht von Freitag zu Samstag Debauchery sein. Diese Band habe ich das letzte Jahr eigentlich unbekannterweise ein Mal live gesehen und was soll ich sagen? Diese Mischung aus Hardrock mit Death-Metal Vocals kommt einfach an und deren völlig übertriebenen Lyrics voller Horror, Porno, Blut und – ja genau – nochmal Blut machen einfach unglaublich viel Spaß. Im Gegensatz zum letzten Jahr haben sie mit Bassistin Juli auch ein Bloodbabe am Start, was nicht mit den Titten, sondern mit den Haaren wackelt und ordentlich in die Saiten haut. Dem ein oder anderen dürfte Fronter Thomas Gurath auch ein Begriff sein. Er war der Typ, der vor einiger Zeit seinen Job als Lehrer an den Nagel hängen musste, da er vor die Wahl gestellt wurde: Diese Band oder der Job. Wofür er sich entschieden hat, konnte man, inklusive einer vollbusigen, blutbeschmierten Stripperin zur Krönung, von 4:35 Uhr bis 5:15 erleben. So spät! Hilfe! Bloß ab ins Bett!

Samstag. Guten Morgen! Nach sensationellen 3 ½ Stunden Schlaf hieß es wieder: With Full Force. Doch erstmal mit Wasser statt Bier. Genau aus diesem Grund hab ich mir 14 Uhr dann auch Elsterglanz nur kurz angeschaut, denn sind wir mal ehrlich: Nüchtern ist das Ganze einfach nicht halb so lustig wie mit ein paar Bierchen intus. Mag auch daran liegen, dass ich mittlerweile in Chemnitz wohne und diesen Dialekt ständig hören „darf“. Die Setlist war wohl jedenfalls die gleiche wie schon seit gefühlten 10 Jahren, allerdings haben sich die beiden Bandbespaßer diesmal kein Gitarrenduell geliefert, sondern eins an zwei Stripstangen, die am Rand der Bühne befestigt waren. OK, ein Schmunzeln haben sie mir dann doch abgerungen, haha. So auch die folgenden Excrementory Grindfuckers. Die schaffen’s live durch die meist frühe Spielzeit eher nicht auf die 99 Songs wie auf Platte, jedoch machen die Durchgeknallten jedes Mal auf’s Neue Spaß. Und ich frage mich jedes Mal: Sind Songs wie „Heimscheißer“, „Taschengeld“ oder „Kraft für’s Leben“ für die Jungs nach 100+ Auftritten tatsächlich immer noch lustig? Spaß hatten sie jedenfalls auf der Bühne einigen. Meine nächste Band sollten Perkele in der Tentstage werden, auf die ich mich besonders freute, da sie auf dem diesjährigen Rock ‘n‘ Ink einen megamäßigen Auftritt hingelegt haben und mit ihrem unaufgeregten, einfachen und melodiösen Oi! begeistern konnten. Das hat leider auf dem With Full Force nicht ganz so stark funktioniert. Der Sound war viel zu leise und die Band hatte mit ziemlichen Abstimmungsproblemen zu kämpfen. Bei beinahe jedem Song verzockt und man blickte sich etwas ratlos an. Vielleicht lag es an falschen Monitoreinstellungen? Keine Ahnung, jedenfalls wirkte Sänger und Gitarrist Ron Halinoja mächtig fahrig auf der Bühne. Respekt aber an die Fans, denen die Musik von Perkele anscheinend so viel Spaß macht, dass sie eh fast jeden Text auswendig lautstark skandieren konnten, was sie dann auch taten. Absolutes Highlight abermals: „Heart Full Of Pride“ am Schluss. Und wieder Bühnenwechsel: Ektomorf auf der Mainstage bei prallem Sonnenschein. Und schon wieder diese Hitze! Den druckvollen Sound, den sie auf ihren letzten Platten am Start hatten, brachten die Jungs jedenfalls auf die Bühne und man wollte am liebsten ausrasten und durch die Gegend springen – ging aber aufgrund der Hitzemüdigkeit einfach nicht. Dabei machen die Ungarn (und für mich mittlerweile besseren Soulfly) live einfach Spaß. Gut, diesmal hat Fronter Zoltán Farkas es doch ein wenig zu sehr übertrieben. Beinahe jeder Song wurde unterbrochen und das Publikum verbal animiert. Meine Fresse, so oft habe ich das Wort ‚fuck‘ echt noch nie gehört. Das konnte selbst Alexi Laiho nicht toppen. Die Spielfreude war aber anzumerken und die Songs saßen. Während eines Songs „verirrte“ sich dann wohl ein Bierbecher auf die Bühne, woraufhin Mr. Farkas die Fans lautstark beschimpfte und aufforderte „sich zu verpissen, wenn man denn mit der Musik nichts anfangen kann“. In diesem Sinne: fuck you all, haha. Zeitgleich haben übrigens Evergreen Terrace in einer, aus allen Nähten platzenden Tentstage gespielt. Hätte ich mir sehr gerne angeguckt, bekam aber nur noch die letzten Töne mit. Schade, schade.

Nach der doch recht simplen, eingängig-groovenden Mucke Ektomorfs gab es jetzt das komplette Gegenteil. Das Riffmonster Meshuggah kam um die Ecke. Treffender hätten sie sich selbst gar nicht benennen können. Wie kann man bitte so viele verschiedenen Taktwechsel in einen Song packen? Eine extrem anstrengende Angelegenheit und für mich teilweise einfach nur Technik und keine Musik mehr. Aber es standen ja auch noch Gojira für den Sonntag auf dem Plan. Die können nämlich bei aller Kompliziertheit der Riffs immer noch verdammt gute eingängige Musik schreiben. Doch dazu später mehr. Nun sollten erst einmal die ebenfalls kalifornischen Deathcoreler von All Shall Perish das Zelt rocken – samt Wrestlingkostümierung beim Bassisten. Sie lieferten insgesamt eine mehr als solide Show ab, allerdings wurde ich zwischenzeitlich stark von einigen umherspringenden Menschen abgelenkt. Umherspringende Menschen? Klingt jetzt nicht so ungewöhnlich für das WFF. War es aber: Die Jungs waren nämlich alle als Power-Ranger in verschiedenen Farben verkleidet und vollführten Salti, sprangen aus dem Stand in Papiertonnen und fuhren damit umher. Wahnsinn, wie viel Bewegungsdrang man doch haben kann.... Während auf der Mainstage der größte Stiernacken der Metalgeschichte und seine Band sich die Ehre gaben (einige Leute nennen sie auch Cannibal Corpse), stand auf der Tentstage schon die letzte schwedische Dirt’n’Roll-Bastion auf den Brettern: The Bones. Meine Herren, die gingen ja sowas von ab! Glücklicherweise spielten sie trotz neuem Output („Monkeys With Guns“) eine absolute Best-Of-Setlist, die von so ziemlich jedem Album die Hits beherbergte. Diese Mischung aus dreckigem Punk und greasigem Rock’n’Roll funktioniert gerade im Zelt einfach prächtig und stellte auch eine gern gesehene Abwechslung zu den ganzen Keif-/Schrei- und Grunzbands dar. So tanzten und feierten die Leute mit einem dicken Grinsen im Gesicht bis schließlich der Auftritt u.a. mit „I Hate“ beendet wurde. Zum Glück wurde die Ankündigung „This is the last song!“ zur Hälfte des Sets nicht wahr gemacht. Nach diesem Cocktail aus Spaß und Alkohol kamen mir die (in der Szene) legendären Immortal beinahe schon surreal vor. Black Metal, Corpse Paint, Killernieten und Leder – und das bei strahlendem Sonnenschein? Nee, danke. Noch eine der Bands, die leider überhaupt nicht funktioniert haben. Sorry, Guys! Aber ihr habt ja immer noch das Wacken vor euch.

Jetzt sollte es richtig dicke kommen: Heaven Shall Burn (merkt euch diesen Namen für die nächsten Zeilen) betraten die Mainstage und machten sich für ihren Posten als Headliner bereit. 2006 noch zu einer äußerst frühen Uhrzeit am Start haben sie sich mehr und mehr auf diesen späten Posten mit konstant guten Alben (& Liveshows) hochgeschuftet. Ebenfalls mit einer riesigen LED-Wand und massig Pyroeffekten läuteten sie mit ihren Songgeschossen, bestehend aus Metalcore und Melodic Death Metal, die Endzeit ein. Und das wohl ein wenig zu sehr, denn ca. ab dem zweiten Song zog sich der Himmel dermaßen bedrohlich zu und düstere Wolken zogen auf. Da sollte es auch nicht lange dauern, bis der Platzregen einsetzte und es über dem kompletten Festivalgelände donnerte und blitze. Die meisten Fans schien das allerdings nicht so sehr zu stören oder vielleicht waren sie einfach nur so heiß darauf, die Thüringer vollständig zu erleben. Das Wetter machte ihnen allerdings kurzzeitig einen Strich durch die Rechnung und die komplette Mainstagetechnik fiel für einige Minuten aus. Heaven Shall Burn ließen sich davon allerdings nicht beirren und spielten nach kurzer Pause bei schlimmsten Unwetter allen Ernstes noch ihre komplette Show zu Ende, bis selbst die komplett Bühne komplett durchnässt war. Respekt, Jungs! Das hätten nicht viele getan. Von dieser Show wird man noch in ein paar Jahren sprechen. Als das Gewitter sich langsam etwas zurückzog, sollten es jedoch nur noch The Browning sein, die kurz zum Zug kamen. Die nächsten drei, von mir herbeigesehnten Bands, The Carburetors, Smoke Blow und die Turbo AC’s konnten aus Sicherheitsgründen nicht mehr spielen. Warum? Die erste Welle des Gewitter schien nur ein kleiner Vorgeschmack auf das gewesen sein, was jetzt noch kommen sollte. Es war wirklich sprichwörtliches Weltuntergangswetter. Blitze im Sekundentakt, ohrenbetäubender Donner, peitschender Regen und fast schon orkanartige Windstöße überfielen schlagartig das With Full Force. Die halben Zeltplatz zerlegte es, die Tentstage löste sich beinahe auf, begann sogar zu schwanken und den Partyzelten riss es die Wände heraus. Zu allem Überfluss schlugen auch noch zwei Blitze in zwei Metalltürme ein. Der eine befand sich auf dem Zeltplatz und begrub mehrere Zelten mitsamt Menschen unter sich. Ca. 20 Menschen mussten behandelt werden. Das sollte jedoch immer noch nicht das Schlimmste gewesen sein, denn in Nähe des Partyzeltes am Cocktailstand schlug ebenfalls ein Blitz ein. Das Fazit: 3 Leute, die teilweise mehrmals reanimiert werden mussten und gut 40 Verletzte – die meisten davon mit Herzrhythmusstörungen und einige sogar mit Brandwunden aufgrund des Blitzes. Ganze fünf Krankenhäuser im Umland wurden alarmiert und schickten alle verfügbaren Leute, die sie da hatten, um den Betroffenen zu helfen. Augenzeugen zufolge war es wirklich ein schreckliches Szenario, was es bis dato lange nicht mehr in Deutschland gegeben hatte und sogar in sämtlichen Nachrichten thematisiert wurde. Auf diesem Wege gute Besserung den Opfern! Bloß die Augen zu.

Sonntag. Nach dem Sichten der Verwüstung und dem Flicken des noch halbwegs Brauchbarem prasselten erst einmal allerlei Anrufe und gleichzeitig auch Schauernachrichten auf uns ein. Von mehreren Toten war die Rede. Das hat sich, glücklicherweise, nicht als die Wahrheit herausgestellt. Die Opfer befinden sich Stand jetzt wohl alle außer Lebensgefahr. Dies ließ das WFF auch die Zuschauer über die Leinwände wissen. Dort war dann ebenfalls zu lesen, dass Gojira nicht spielen werden – warum auch immer. Bitter, auf die hatten sich einige der Anwesenden sehr gefreut. Stattdessen wurden Neaera mal eben aus dem Hut gezaubert. Den Tag eröffneten aber Guns Of Moropolis mit ihrem Volbeat-artigem Sound, der mir schon auf dem Rock’n’Ink sehr zugesagt hatte. Als entspannter Opener sicherlich eine gute Wahl. Genauso übrigens wie die folgende Supergroup Kill Devil Hill, die aus (Ex-Mitgliedern) von Black Sabbath, Pantera, W.A.S.P. und Pissing Razors bestand. Gerade bei diesem (mittlerweile wieder staubtrockenen) Wetter passte diese Mischung aus Oldschool Rock und Grunge mit etwas mehr Härte gut auf die Bühne. Die Herren sind allesamt mehrere Jahre im Business und so war die extrem routinierte Show auch kein Wunder. Als ebensolche Haudegen könnte man auch die Hardcore Legende um Gary Meskil bezeichnen, die da auf den Namen Pro-Pain hört. Seit 20 Jahren liefern sie regelmäßig ein Groovemonster nach dem nächsten ab und bespielten wahrscheinlich schon so ziemlich jede Bühne dieser Welt. Dabei gingen ihnen allerdings auch mehr Mitglieder flöten als manche Dörfer Einwohner haben und so ist mittlerweile eben jener Gary der einzig Übriggebliebene. Das wirkt sich mittlerweile auch auf ihren Live-Sound aus, der stark an Tempo zulegt hat, was gerade den Klassikern nicht allzu sehr zu Gute kommt. Trotzdem solider Auftritt der HCler. Auf der Tentstage machten Toxpack ihre Sache genauso gut, verwursteten wohl jedoch ihre Coverversionen etwas. Was soll’s – das Zelt war trotzdem voll und die Mucke ging nach vorne. Nach diesem kurzen Abstecher standen auch schon die Metaller von Trivium auf der Mainstage bereit, um die Fans zu begeistern. Diese füllten dann auch fast den kompletten Platz bis zum Technikturm aus und gingen bei den Songs ordentlich mit. Wahrscheinlich war das dann so imposant, dass der Drummer gegen Ende des Sets bei mehreren Songs extreme Probleme hatte, das richtige Tempo zu finden. Wahnsinn, so was sieht man auch nicht allzu oft von diesen Edel-Instrumentalisten.

Und wieder ein kurzer Abstecher in das Zelt. Sonntag ging es wirklich Schlag auf Schlag. Die Street Dogs aus Boston verzückten die Menge mit einem der publikumsnahesten Auftritte des WFF. Sogar die Security war zwischenzeitlich ganz angenervt von den zahlreichen Ausflügen ins Publikum von Sänger Mike McColgan. Doch auf genau sowas stehen doch die Leute und dafür sind die Bostoner ja auch bekannt. Wirklich klasse Auftritt mitsamt Chören, die noch nachhallten als bereits der letzte Ton verklungen war. Gut gelaunt sollte es weitergehen, denn wohl sympathischste Band Deutschlands enterte die Hauptbühne: die Broilers aus Düsseldorf. Eben jene zauberten in dem viel zu kurzen Set (vor 2 Jahren noch Headliner im Zelt mit deutlich längerer Spielzeit) jedem der Anwesenden ein Lächeln ins Gesicht. Es wurde hierbei darauf geachtet, dass neben den Hits des aktuellen Outputs „Santa Muerte“ auch einige ältere Stücke den Weg in die Setlist fanden. Highlight für mich: „Ich bin bei Dir“ inkl. dutzenden Leuten, die ihren besten Kumpel oder ihr Mädchen auf den Schultern sitzen hatten (und trotzdem noch mittanzten). Hab ich so bei einem Konzert auch noch nicht erlebt. Trotzdem waren die vorderen Reihen ungewöhnlich licht und das obwohl sich die Menschenmenge noch viele Meter nach hinten erstreckte. Hattet ihr Angst, liebe Metalheads, dass euch der, mittlerweile tatsächlich ziemlich seichte Sound der Jungs gefallen könnte oder was? Schade war dann auch, dass es am Ende nicht das obligatorische „Blume“ zu hören gab. Gibt’s wohl nur noch bei Headlinershows, hm?
Und schon wieder zwei große Bands gleichzeitig. Zum Glück sollte es die letzte Überschneidung auf dem Festival werden. Fangen wir mit der Hauptbühne an. Die wahnwitzigen Children Of Bodom standen auf dem Programm und zeigten sich in punkto Bühnendeko schonmal stilsicher: Zwischen all den üblichen Verstärkern und Instrumenten wurde das Vorderteil eines Ford Mustangs installiert. Das sollte aber leider so ziemlich das einzige begeisternde an der Show der Bodoms gewesen sein. Sonst als unglaublich bewegungsfreudig und animierend geltende Bühnenshow hielt sich doch sehr in Grenzen. Bewegt wurden hierbei nur die Finger auf dem Griffbrett. Gerade Fronter und Gitarrenlegende Alexi Laiho verhielt sich verdächtig und ungewöhnlich ruhig. Selbst seine „Fuck“-Frequenz reichte nicht an Ektomorf heran. Bei näherer Betrachtung schien es ihm auch nicht allzu gut zu gehen, sodass er bestimmt froh war, nach der Show endlich die Biege machen zu können. Spielerisch dennoch absolut tadellos – der Funke ist nur leider nicht übergesprungen. Ganz anders bei Flogging Molly in der Tentstage. Dass die Mischung aus Punkrock und Irish Folk gerade live bestens funktioniert, ist ja nicht erst seit den Dropkick Murphys bekannt, aber so gut? Bei dem, was die Jungs und vor allem die Zuschauer da im Zelt zelebrierten wurde klar, warum Flogging Molly die Tentstage headlinen MUSSTEN. Sympathisch auch, dass die Fans online im Vorfeld mitbestimmen konnten, welche Songs sich ins Live-Set der Band verirren sollten. Ich habe mich mit einigen Leuten nach dem Gig unterhalten und diese berichteten mir: bester Auftritt des Sonntags. Das lassen wir doch einfach mal so stehen. Die letzte Band des Abends sollte für mich Soulfly sein. Seit meinem ersten With Full Force gehören die Groove Metaller um Max Cavalera ja quasi schon zum Inventar des Festivals. Beinahe jedes Jahr in irgendeiner Form anwesend und auch laut Veranstalter immer wieder auf’s Neue gewünscht. Und auch trotz der Tatsache, dass viele nach dem Höllensturm den Abend zuvor bereits das Festivalgelände verließen, tummelten sich die letzten Verbliebenen vor der Bühne und Soulfly dankte es ihnen mit einer energiegeladenen Show. Und zwar so energisch und druckvoll wie schon seit Jahren nicht mehr. Selbst alte Sepultura Klassiker wie „Troops Of Doom“ oder Black Sabbaths „Iron Man“ wurden dem Publikum in die Gehörgänge gebohrt. Alle Achtung, Max, das hätte ich dir, der du Jahr um Jahr weniger Zähne im Mund und mittlerweile nur noch eine riesige Dreadlock auf dem Kopf hast. Nicht zuletzt hat aber auch der kongeniale Marc Rizzo Anteil am Erfolg des Metalurgesteins.

Fazit: Muss ich noch was sagen? Nicht nur aufgrund des Unwetters und der Negativereignisse sicher ein Festival, das die Anwesenden nicht so schnell vergessen werden! Danke an die Veranstalter, die das möglich gemacht haben! Nächstes Jahr wird das WFF 20 Jahre alt und als erster Headliner sind bereits In Flames bestätigt. Ihr dürft also gespannt sein, was da noch kommen wird. Bis zum nächsten Jahr! (bp)

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