Zita Rock - 15.06.2012 bis 16.06.2012 - Berlin, Zitadelle Spandau

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Zita Rock - 15.06.2012 bis 16.06.2012 - Berlin, Zitadelle Spandau

24.06.2012 - Berlin, wir fahren nach Berlin. Wenn man für ein Konzert oder Parties nach Berlin fährt, fällt einem unser Reiseziel nicht zwingend als erstes ein: Spandau! Dabei hat dieser Randort Berlins (wie ihn die Berliner selbst gern bezeichnen) mit der Zitadelle eine wunderschön gelegene Location zu bieten, die locker Platz für über 7000 (so viel waren an dem Abend da) Menschen bietet. Neben jenen, den Klamotten- und, üblich teuren, Verköstigungsständen gab es dort eine große Bühne, auf der sich allerlei Gruftiszenegrößen die Klinke in die Hand geben sollten. Doch von vorn. Wer übrigens zu faul ist, den Bericht zu lesen und es lieber etwas anschaulicher möchte, die Fotos dazu gibt es hier.

Freitag. Die sympathischen Hamburger von Lord Of The Lost sollten den Anfang machen und die Jungs um Chris Harms hatten direkt einen guten Stand bei den Fans. Gerade als Opener ist es eigentlich immer eine undankbare Aufgabe, die meist noch entspannten Fans auf Touren zu bringen. Nicht zuletzt durch ihre Bühnenerfahrung und ihre einfach extrem routinierte Show konnten sie vollends überzeugen. Auch Besetzungswechsel schienen ihnen nichts anhaben zu können, gab es doch einen Wechsel an den Drums und den Ausstieg eines Gitarristen zu vermelden. Jenen Posten teilten sich Keyboarder und Sänger, welche beide ab und an in die Saiten griffen. Die Songs, bei denen sie das nicht taten, kamen leider zuweilen etwas schwachbrüstig daher. Neben den Klassikern (z.B. „Dry The Rain“) und dem, mittlerweile schon obligatorischen, Lady Gaga Cover „Bad Romance“ gab es auch einen neuen, deutschen Song zu hören, der klar machte: Der Slot war gut gewählt. Warum? Eine gewisse Ähnlichkeit zu den letzten Alben der kommenden Band ist nicht zu leugnen. Insgesamt ein wirklich guter Job!

Folgen sollten nun nämlich die nicht ganz unumstrittenen Oomph!. Gekleidet wie eine Mischung aus Euroboys (Turbonegro) und dem Joker betraten die Jungs die Bühne und präsentierten dem Publikum ihr Set, das zumeist aus Songs der neueren Schaffensphase der Band bestand. Problem wie so oft: Die alten Songs sind und waren einfach schlichtweg besser. Gerade die Stücke aus dem neuen Album stellten für mich persönlich einen absoluten Tiefpunkt dar und konnten, in Verbindung mit der Art und Weise des Auftritts, klischeetriefender und berechneter nicht sein. Sorry, Leute, aber das war nichts. Mit den ‚neuen‘ Oomph! werde ich spätestens seit „Augen auf“ nicht mehr warm. Schade drum, so hatten doch die einstigen „Co-Founder“ der Neuen Deutschen Härte vor vielen Jahren wirklich gute Alben vorzuweisen.

Spannend sollte es aber mit dem folgenden Act werden. Die großen Evanescence (OK, aufgrund des rapiden Mitgliederschwunds mittlerweile eigentlich nur Amy Lee & Band) betraten die Bühne. Für Zita Rock Verhältnisse durchaus eine Hausnummer. Und was soll ich sagen? Die Amis machten ihre Sache verdammt gut. Nach ihrem eher durchwachsenen Auftritt auf dem Rock Am Ring zeigte gerade Fronterin Amy Lee, warum Evanescence in Sachen Female-Fronted-Rock vorn mit dabei sind. Energiegeladen und mit einer wild gestikulierenden Bühnenshow, die stellenweise an Jonathan Davis von KoRn erinnerte, überzeugte sie auch stimmlich auf ganzer Linie. Der Rest der Band stand ihr in nichts nach. Man merkte ihnen an, dass sie schon eine ganze Weile im Business sind, jedoch wirkte der Auftritt trotz enormer Professionalität und Routine zu keinem Zeitpunkt lustlos und gelangweilt. Den Vogel schoss auch Drummer Will Hunt ab, der teilweise ein Drumentertainment à la Steve Moore – dem ein oder anderen sicherlich bekannt durch das wahnwitzige ZZ-Top Cover auf Youtube – hinlegte. Insgesamt also ein äußerst würdiger Headliner, der das Set mit dem wohl größten Hit „My Immortal“ beendete. Ach ja, es sei noch zu erwähnen, dass die Fotografen etwa ab dem zweiten Drittel des Sets allesamt von der Security „rausgezogen“ und bis zum Ausgang begleitet wurden, damit sie ihre Kameras vom Festivalgelände(!) schaffen. Hab ich so auch noch nicht erlebt. Geht’s noch?
Samstag. Überpünktlich 15:00 Uhr legten die Berliner Staubkind um Fronter Louis Manke (Gitarrist, Terminal Choice) mit ihrem Set los und wie es sich für eine waschechte Gothic-Rock Band gehört, natürlich inklusive verregnetem Wetter. Jenes wechselte sich den ganzen Tag über mit drückender Schwüle ab, was ab und an für Körper und Kreislauf eine kleine Herausforderung darstellte, aber da ist man ja ganz anderes gewohnt. Staubkind jedenfalls schien das nicht zu stören und so präsentierten sie sich spielfreudig und gut gelaunt dem heimischen Publikum. Auch ein neues Bandmitglied konnte man in Form des Keyboarders auf der Bühne erblicken, der sich direkt erst einmal mit dem Telekom Jingle vorstellte, wofür er viel Gelächter erntete. Was die Songauswahl betrifft, gefielen mir die etwas härteren Lieder durchweg besser, denn gerade hier kam in den Refrains der zweistimme Gesang perfekt zur Geltung. Natürlich durften auch die beiden balladesken Vorabsingles zum kommenden Album „So nah bei mir“ und „Kannst du mich seh’n“ nicht fehlen, welche zumindest den Fans von Unheilig sicherlich gefallen dürften.

Mit der nächsten Band betrat eine weitere feste Größe in der deutschen Gothic-Landschaft die Bühne: Zeraphine. Ebenfalls aus Berlin überraschten die Zita-Rock-Routiniers (bereits zum dritten Mal am Start) erst einmal das Publikum. Was? Ohne Gesang? Natürlich nicht, jedoch merkten das die Tontechniker scheinbar erst ab dem dritten Song. Sehr schade, ist doch gerade der Einstieg immer sehr wichtig. So war es auch schwierig, richtige Stimmung aufzubauen, laden doch die durchweg eher seichteren Songs, die hauptsächlich von der Stimme Sven Friedrichs leben, eher nicht zu größeren Ausrastern ein. Während die Herren mir auf ihren Alben eigentlich ganz gut gefallen, konnten sie live insgesamt leider nicht so überzeugen. Da fehlte einfach die durchschlagende Power.

Wie das geht, sollten nun Mono Inc. allen Anwesenden mehr als eindeutig zeigen. Mit einer Bombenstimmung von Anfang an spielten sich die Hamburger durch ihre wirklich simplen, aber extrem eingängigen Songs und sorgten für eine Flut mit Mitklatscheinlagen. Die Fans haben’s ihnen sichtlich gedankt. So eine Stimmung sieht man sonst eigentlich nur beim Headliner. Da durfte natürlich auch Iggy Pops „The Passenger“ als obligatorische Akustiknummer nicht fehlen. Auch die aktuelle Single „After The War“ ließ die Textsicherheit der vielen mitgereisten Fans nicht abreißen. Wirklich sehr guter Auftritt einer sympathischen Band. Die nun folgenden Saltatio Mortis waren am Samstag mit ihrem Mittelalter-Folk-Rock genremäßig der einzige Ausreißer. Musikalisch eher nicht so meins, aber von der Bühnenshow nicht zuletzt aufgrund der akrobatischen Einlagen von Fronter Alea ein echter Hingucker. Auch hatte es die dynamische Band nach dem Auftritt von Mono Inc. nicht schwer, das Publikum in Bewegung zu bringen. Insgesamt ein wirklich solider Auftritt samt dem Bandhit „Spielmannsschwur“.
Da wir hier aber immer noch bei punkrocknews.de sind, folgte nun die Band, auf die ich mich im Vorfeld am meisten gefreut habe: The 69 Eyes. Verwundert musste ich allerdings feststellen, dass die Goth’n’Roller an diesem Samstag Abend den Rock’n’Roll zugunsten des Gothic-Publikums auf ein Minimum beschränkten. Schade eigentlich, war mit „Dead Girls Are Easy“ doch wirklich nur ein einziger beinharter Rocker am Start. Doch die Finnen haben ja auch noch allerhand andere gute Songs. So spielten sich Jyrki & Co. über eine knappe Stunde durch ein klassischen Best-Of Set bestehend aus eher ruhigeren Stücken wie etwa „Gothic Girl“ oder „Perfect Skin“ und flotteren Hymnen wie „Feel Berlin“ und „Lost Boys“. Showmäßig macht den Jungs allerdings niemand so schnell etwas vor und so war es eine Freude, den immer noch mehr als agilen Herren beim Posen zuzuschauen. Hierbei schoss besonders Drummer Jussi den Vogel ab. Wirklich einer der imposantesten Rockdrummer Europas. So viele Drumsticks hab ich echt noch niemanden auf der Bühne verbraten sehen, haha.
Auf der Position des Headliners prangten drei Buchstaben, die in den letzten Jahren aus den Szenemagazinen nicht mehr wegzudenken sind: ASP. Viel hat sich getan bei den Frankfurtern. Zum einen haben sie mit „Fremd“ nach wie vor ein neues Album am Start und zum anderen steht, bis auf ASP selbst und den Basser Tossi, mittlerweile eine komplett andere Mannschaft auf der Bühne. Matze Ambré (Git.) und Himmi (Drums) haben sich aufgrund persönlicher Differenzen abgekapselt, was auch im Fanlager heiß diskutiert wurde. Stattdessen fanden sich mit Lutz Demmler (ex-Umbra Et Imago, Git.), Sören (Git.) und Stefan (Drums) neue Leute in der Live-Maschinerie ein. Und die rollte mächtig los. Mit einer Setlist, bestehend sowohl aus Klassiker wie zum Beispiel dem früh gespielten „Und wir tanzten“ oder der „Ballade des Schwarzen Schmetterlings“ und aber auch einigen neues Songs à la „Wechselbalg“ oder „Rücken an Rücken“ zeigten ASP abermals ihre Livequalitäten. Bei letzterem Song gab es eine beeindruckende Choreografie der Fans. Diese kehrten nämlich während der Hälfte des Songs der Band den Rücken. Ansonsten imponierten ASP mit jede Menge Pyroeffekten und auch Stickstoff(?)-“Nebel“-Kanonen gab es zu sehen. Diese Dinger hab ich das letzte Mal bei den Onkelz live zu Gesicht bekommen. Übrigens galt während des gesamten Konzertes (& der Autogrammstunde) ein Fotoverbot aus dem Graben. Angeblich wegen der Pyroeffekte (Gab es die eigentlich auch während der Autogramme?). Vielleicht aber auch wegen der neuen Frisur, die sich ASP selbst hat wachsen lassen und die eventuell noch nicht ganz festivalerprobt sein könnte – man munkelt. Sei’s drum, live hat sich insofern eigentlich nichts geändert, als das die Band nach wie vor eine Bank ist und die Zuschauer zu begeistern weiß. Ergo: ein mehr als würdiger Headliner!
Anschließend ging es für uns dann noch in das Wild At Heart nach Kreuzberg, wo eine Aftershowparty mit den 69 Eyes angekündigt wurde. Wirklich richtig cooler Laden. Einziger Makel: extra Eintritt und bis ca. 2 Uhr nachts keine Band in Sicht. Wie auch immer. Zita, es hat Spaß gemacht! Vor allem auch, weil ihr den Befürchtungen des viel zu leisen Sounds, den es mitunter in der Zitadelle gibt, nicht erfüllt habt. (bp)

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