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17.11.2011 - Hätte mir vor wenigen Jahren noch jemand gesagt, dass ich mich einmal auf einem Hip-Hop-Konzert wiederfinden würde, hätte ich ihm wohl einen Vogel gezeigt und diese Behauptung als abwegig abgetan.
Nun ja, er sollte im Winter des Jahres 2011 Recht behalten, denn ich machte mich mit einigen Freunden (allesamt aus der Punk- und Metalszene) auf, einem solchen Hip-Hop-Konzert beizuwohnen, haben die Berliner doch mittlerweile die Top 5 meiner Playlist geknackt. Doch da es sich hierbei um K.I.Z. handelte, konnte man schon im Vorfeld von jeglicher Gewöhnlichkeit Abstand nehmen.
An der Factory angekommen, luden uns erstmal Maxim, Tarek, Nico und Sil-Yan (alias K.I.Z.) zum gemütlichen Plausch in den Backstage (hereingeführt wurden wir übrigens von niemand geringerem als MC Motherfucker – ex-Terrorgruppe ) Checkt in den nächsten Tagen mal die Seite – da werdet ihr das aberwitzige Interview vorfinden. Nach dem Interview in der Halle angekommen, zeichnete sich ab, dass das Publikum – entgegen der Erwartungen – gar nicht mal so gemischt ausfallen sollte. Hier regierten der Hip Hop und die Jugend. Vom übergrößen Shirt über schiefe Base-Caps und Minderjährige in Begleitung ihrer Eltern gab es alles zu sehen. Da das Konzert bereits 19 Uhr losging verpassten wir allerdings komplett die Vorband Trailerpark, da wir viel zu lange an der Garderobe anstehen mussten. Die Jungs spielten aber wohl auch nur knappe 30 Minuten. Wird diese kurze Spielzeit für Supportbands jetzt eigentlich Usus? War schon bei den Broilers so und gefällt mir gar nicht. 45 Minuten sollten schon drin sein.
Nach einer nicht mal zehnminütigen Umbaupause (OK, was will man bei drei Rappern auch großartig aufbauen?) betraten K.I.Z. unter lauten Sprechchören die Bühne und machten sich auf, die Halle abzureißen. Mit weißen Sturmmasken getarnt und mit Wasserdampf gefüllten Feuerlöschern eröffneten sie ihre Live-Programm, was sich irgendwo zwischen Komik und Brutalität bewegte mit „Küss mir den Schwanz“ und dem folgenden „Selbstjustiz“. Es war schon ein wenig lustig zu sehen, dass die meisten Fans zu den Songs mit“bouncten“ – das kennt man ja von Rockkonzerten eher nicht. Doch spätestens ab „Ellenbogengesellschaft“ gab es, neben einer Wall Of Death auch Pogo en masse. Skurille Verbindung, aber hat bestens gepasst. Zwischen den Songs gaben sich die Berliner gewohnt provakant, frech und ohne jegliche Hemmungen. Die Setlist setzte sich dabei aus hauptsächlich neuen Stücken („Heiraten“, „Fremdgehen“, Biergarten Eden“, …) und den paar obligatorischen Klassikern („Neuruppin“, „Einritt“, „Das Rapdeutschlandkettensägenmassker“) zusammen. Auch die drei Solosongs des neuen Albums und das aberwitzige Skit „TseTseFliegenmann“ wurden performed. Die beiden Überhits „Spasst“ und „Hurensohn“ wurde hierbei wirklich gelungen neu interpretiert und ließen keinen der Anwesenden mehr Stillstehen. Alle Achtung – bei der Stimmung macht K.I.Z. niemand so schnell etwas vor. So endete das Konzert nach 24 Stimmungsknallern mit fast ausschließlich verschwitzten, aber sehr glücklichen Gesichtern und da es gerade mal gegen 22 Uhr war, kam also auch noch jeder rechtzeitig nach Hause. Das mit der frühen Uhrzeit war für mich jetzt etwas gewöhnungsbedürftig, jedoch ebenso berechtigt, da ja nun mal Montag war.
Alles in allem auf jeden Fall ein Konzert der besonderen Art. Außergewöhnliche Stimmung, guter Sound, sympathische Musiker und eigenartige, aber feierlustige Crowd. Dennoch fühle ich mich unter kreischenden Stromgitarre doch etwas wohler. K.I.Z. bilden da eine schöne Ausnahme.
PS: Besagten, eingangs erwähnten Menschen traf ich sogar tatsächlich auf dem Konzert wieder und er konnte ebenso wenig glauben, mich anzutreffen. Eine schöne Erfahrung, Jungs. Gerne wieder. (bp)