Rock 'n' Ink Festival - 13.05.2011 bis 15.05.2011 - Chemnitz, Arena

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Rock 'n' Ink Festival - 13.05.2011 bis 15.05.2011 - Chemnitz, Arena

18.05.2011 - Da sollte es nun endlich wieder soweit sein. Am exakt gleichen Datum wie letztes Jahr öffnet die Messehalle in Chemnitz allen Tattooverrückten Tür und Tor für das dreitägige Rock'n'Ink Tattoo Festival. Da letztes Jahr die Messlatte schon recht hoch gelegt wurde, war ich gespannt, ob das 2011 noch überboten werden konnte.

Freitag. Gegen 19:30 Uhr traf ich nach einem anstrengenden Tag endlich vor Ort ein und lauschte den letzten Tönen der Celtic Punk Band Flatfoot 56. Einige Leute befanden sich bereits vor der Bühne und die Herren aus Chicago kamen beim Publikum sichtlich gut an. Eine Fulltimeshow würde ich mir von denen nicht entgehen lassen. Auf der Dynamite!-Stage, der Nebenbühne, spielten gleich darauf unsere Quasi-Proberaumnachbarn Grapes Of Wrath aus Chemnitz. Soweit ich weiß sind die Herren so ziemlich die einzige, bekanntere Psychobilly Band hier aus der Region und so passten sie auf das Festival wie die Faust aufs Auge. Positiv hervorzuheben ist auch, dass die Nebenbühne deutlich größer erschien als noch im letzten Jahr. Dennoch hatten die Bands hier zumeist einen eher schweren Stand, denn die meisten Leute beschäftigten sich dann doch lieber an den umliegenden Tattoo- & Klamottenständen.

Nach einem kurzen Abstecher nach draußen sollte die erste Hau-Drauf-Band namens Krawallbrüder folgen. Und siehe da, es war brechend voll vor der Hauptbühne und das Publikum feierte ausgelassen zu den Oi! Hymnen der Jungs. Ist jetzt musikalisch nicht unbedingt meine Baustelle, aber so viel sei gesagt: stimmungstechnisch haben die Jungs sicherlich eine der besten Shows auf dem Festival abgeliefert. Auf der Nebenbühne folgte eine weitere Psychobillyband, die da auf den Namen Rezurex hört. Obwohl die Jungs durchaus keine unbekannten in der Szene mehr sind, hatten auch sie damit zu kämpfen, dass die Reihen vor der Bühne doch recht überschaubar waren.

Es folgte nun mein erstes Highlight auf der Hauptbühne. Die Horrorpunks von The Other lehrten dem Publikum das fürchten und spielten die gewohnten Klassiker wie "Der Tod steht dir gut", " In the dead of the night" und auch neuere Stücke wie zum Beispiel das großartige "The Lovesick Mind". Das Publikum sah eine gewohnt gute Show und eine glänzend aufgelegte Band samt obligatorischer Schnapsvergabe vor der Bühne. Der Freitagabend endete mit Deadline aus London. Da die Band in Chemnitz ohnehin eine Art Kultstatus genießt, war es dementsprechend für Liz & Co. auch nicht schwer, den Zuschauern einzuheizen. Es wurde gepogt, mitgegröhlt und der Schweiß lief in Strömen. Definitiv ein würdiger Headliner und Abschluss des Abends. Die Jungs und das Mädel machen einfach immer wieder riesigen Spaß!

Samstag. Nachdem am Freitag die Bands klar im Vordergrund standen, schlenderte ich nun erst einmal über das komplette Messegelände, guckte an den zahlreichen Klamottenständen, blätterte Tattoomappen durch (und ich kann euch sagen, da waren einige Leckerbissen dabei), sah mit einem Grinsen auf den King Kerosin Stand samt Pool und Poolgirls und begutachtete mit großen Augen die ausgestellten Oldtimer. Die erste Band, die ich mir an diesem Samstag ansah, waren die Femme Fatale von Civet aus dem schönen Los Angeles. Mittlerweile wieder reformiert und nicht mehr eine reine Mädchenband, rasten sie vor den leider sehr wenigen Zuschauern durch ihr Set und gaben ihr Bestes. Gerade "Son of a bitch" machte riesig Spaß. Nach einer Raucherpause lief ich nichtsahnend zur Nebenbühne, auf der gerade Ledfoot spielte. Was war das? Ein älterer, knochiger Typ, übersäht mit Tattoos saß allein mit seiner Akustikgitarre auf der Bühne und...ich konnte mich nicht mehr davon lösen. Mit seinem düsteren Blues hat der Herr mich vollends in seinen Bann gezogen. Leute, wenn ihr den mal live sehen könnt - macht es! Einfach nur der Wahnsinn, was man nur mit einer Akustikgitarre, Gesang und rhythmischem Stampfen so alles anstellen kann. Es folgten die Mahones auf der Mainstage, die mit ihrem Irish Folk Punkrock vielleicht etwas zufrüh angesetzt waren, denn bekanntlich lässt sich dieser mit steigendem Alkoholpegel immer ein wenig besser genießen, haha. Darum sollte es ja aber auf einer Tattoomesse auch gar nicht gehen. Trotzdem, erfrischende Show und viele Tänzer unterwegs.

Es folgten Peter Pan Speedrock aus Holland und wer die Band kennt, weiß, was ihn erwartet. Es wurde nach einem Intro ordentlich gebolzt, was das Zeug hielt. Im Gegensatz zu den Krawallbrüdern gestern, war diesmal auch der Sound deutlich angenehmer und die Jungs machten einfach Spaß. Als nächstes stand der Tattoo Contest auf dem Plan, der von DJ Spy und der von DMAX bekannten Lina van de Mars (die übrigens sogar eigenes Merch am Start hatte - wer's braucht?) moderiert wurde. Für Tattoofreaks und Tätowierer sicherlich eine feine Sache, ansonsten war das Ganze durch einige Verzögerungen doch äußerst langwierig und zäh. Gehört aber natürlich auf eine Tattoomesse und es gab einige skurrile Motive zu bestaunen. Auf der Nebenbühne machte sich bereits eine lokale Hardcore Band bereit, deren Name leider nirgendwo auftauchte, die Cutting Show zu begleiten. Durchaus interessant, so etwas mal gesehen zu haben, jedoch immer noch unverständlich für mich, wie man sich bewusst Narben die Haut ritzen lässt, die dann eine Art Motiv ergeben. Zurück also zur Hauptbühne, denn die Street Dogs aus Boston sollten tatsächlich spielen. Daran hab ich fast nicht mehr geglaubt, nachdem die Herren sowohl dieses als auch letztes Jahr beim With Full Force kurzfristig abgesagt hatten. Vor der Bühne wurde ausgelassen getanzt, gepogt und vor allem getrunken. Die Bostoner waren auch nicht müde, in gebrochenem Deutsch zu erwähnen, dass unser Land doch mit Abstand das beste Bier beherberge und uns niemand so leicht unter den Tisch trinken kann. Das unterschreib ich einfach mal so - sehr sympathisch und sowas kommt natürlich immer super an!

Kurz noch ein Auge bei der Burlesque Show riskiert, die ich mit klassischer (ja, fast Ballet-)Musik doch leicht deplatziert fand - auf der kleinen Bühne bei vollem Licht. Generell war das Licht (auch auf der Hauptbühne) die meiste Zeit sehr undankbar für Fotografen, wurde doch hauptsächlich mit Rottönen gearbeitet. Mein Abschluss des Abends sollten Mr. Roger Miret (seines Zeichens Sänger der legendären Agnostic Front) und seine Disasters machen. Der Herr gefällt mir auf Platte mit seinem Punkrockprojekt wesentlich besser als mit seiner Hauptband, jedoch verfiel der New Yorker live wieder in die alte Gewohnheit, seiner Stimme fast jeglicher Melodie zu rauben. Mag vielen gefallen, aber schon bei Agnostic Front ist die Stimme für mich das größte Manko. Musikalisch wars aber trotzdem top und die Band wurde gebührend abgefeiert. Nach einem kleinen Absacker ging es dann noch auf einen Rotwein zu Freunden und ins Bett.

Sonntag. Letzter Tag heute also und das Billing verriet, es sollten Motorjesus spielen, auf die ich mich riesig gefreut habe. Damals noch als The Shitheadz unterwegs ist ihre Platte "Dirty Pounding Gasoline" in meinem CD-Spieler ein echter Dauerbrenner. Vor der Bühne angekommen, wunderte ich mich erst einmal über das riesige "The New Black" Banner. Die sollten doch eigentlich erst später spielen? Merch war auch keines da von den Jungs - was war los? Der Herr am Mischpult verriet mir dann, dass die Jungs leider abgesagt hatte, er aber auch nicht so genau wisse, weswegen. Äußerst schade, aber mit The New Black stand ja noch eine ähnliche Band im Programm... die dann auch vor einer Hand voll Zuschauern ordentlich die Bude rockten. Sympathische Jungs, solider Hard Rock, so gut wie niemand vor der Bühne. Eigentlich schade - das haben die Jungs nicht verdient.

Die nächste Band hieß für mich dann Blitzkid und was war das? Die Amis sollten tatsächlich nur auf der Nebenbühne spielen, was für mich völlig unverständlich war. Naja, wenigstens wurde es dadurch gut voll und die (zum Teil äußerst hyperaktiven Herren) bespaßten das Publikum, so gut sie konnten. Das war also, doch halt - eine Band sollte ja noch folgen. The Calaveras, aus Chemnitz also? Komischerweise noch nie von denen gehört, also rüber zur Hauptbühne und mal angetestet. Der extrem entspannte Sänger kündigte gerade seine Band an und bemerkte treffend: "Wir spielen hier also zum Abbau". Die meisten Leute hatten sich leider schon auf den Heimweg gemacht und sie verpassten vielleicht eine der Überraschungen des Festivals. Musikalisch sind die Jungs irgendwo zwischen Country, Western und Blues anzusiedeln - das alles allerdings eher so soundtrackmäßig. Für mich und meine Begleiter jedenfalls der perfekte Ausklang des Abends und die Herren sind nun um mindestens zwei ihrer CDs ärmer. Absoluter Tipp für ruhige Nächte!

Alles in allem hat es auch dieses Jahr wieder sehr viel Spaß gemacht, wobei ich etwas das Gefühl hatte, dass letztes Jahr mehr Zuschauer zugegen waren. Das Festival brachte einige nachhaltige Überraschungen mit sich, es gab allerdings Skurriles, aber auch Lustiges zu erblicken sowie leckerers Bier (nicht wahr?! ;). Ich möchte den Machern abermals danken, dass sie sowas in Chemnitz aufziehen - erlebt man nicht alle Tage! Nächstes Jahr gerne wieder. (bp)

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