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24.05.2010 - Ein Wochenende vor Pfingsten war es nun also endlich soweit. Das (für mich) erste Festival im Jahre 2010 und dann auch noch eines, was über die reine Musik hinausgeht und DANN auch noch in der Heimatstadt Chemnitz: das Rock 'n' Ink Tattoo & Musik Festival. Angekündigt waren viele, viele Bands, allerlei Kuriositäten wie zum Beispiel der Circus Bizarre oder etwa eine Cutting Show, Burlesque Shows, Fashion Shows und natürlich allerhand nationale und internationale Tattoo Artist. Fangen wir also ganz chronologisch an.
Freitag, 14.05.2010. Gegen 16:00 Uhr fanden wir uns nun also vor der Chemnitz Arena ein, bekamen von knapp bekleideten Pin-Up Girls das Programm in die Hand gedrückt und nach einem kurzen Plausch mit dem Veranstalter & Tätowierer Randy aus Zwickau (Wahnsinn, ich habe tatsächlich die Gesichtskontrolle bestanden, hehe) ging es erst mal mit dem Erkunden der zahlreichen Händler- und Tattoostände los. Ersteres im Übrigen sehr zu Freude der weiblichen Mitgereisten. Nachdem das nun also mit Hilfe von ein paar Bierchen überstanden war, ging es auch schon mit der ersten Band namens Bonsai Kitten los, einer female-fronted Psychobilly Band, die unter anderem auch einige bekannte Rock & Pop Klassiker mit Psychobilly Gewand zum Besten gab. War für eine Festivalauftaktsband ganz in Ordnung, allerdings vor einer Handvoll Zuschauern auch nicht wirklich der Oberhammer.
Die Stimmung stieg langsam an, als Ski Kings Country Trash die Bühne betraten und mit einer Mischung aus Rockabilly und eben Country ihren Auftritt zu einer kurzweiligen Sachen machten. Für ein Tattoofestival, auf dem die Musik nachmittags dann doch teilweise eher nur schmückendes Beiwerk ist, sicherlich eine gute Wahl, wenngleich doch recht monoton auf Dauer. Die erste Besonderheit des Abends sollte nun folgen: eine Burlesque Show von Xarah von den Vielenregen. Anhand des Teaser-Videos auf der Festivalhomepage war man schon reichlich gespannt und etwas ungläubig musste man feststellen, dass die Show nur auf einer kleinen Nebenbühne bei vollem Licht stattfinden sollte. Und was soll ich sagen? Nach ganzen sechs Minuten war die, eigentlich für 15 Minuten angekündigte, Show dann auch schon vorbei. Ich war wohl nicht der einzige, der stutzte, denn der Rest des Publikums blickte sich nur ungläubig an: das soll schon alles gewesen sein? Leider ja. Bisschen tanzen, bisschen ausziehen und am Ende noch eine kleine Feuereinlage - naja. Dasselbe Spiel im Übrigen auch an den nächsten beiden Tagen. Schade eigentlich, da hatte ich nach der großen Ankündigung ein bisschen mehr erwartet.
Kurz vorher wurde dann auch der King Kerosin Pool samt Poolgirls & Käfig für Unartige eröffnet. Nette und recht witzige Sache nebenbei, jedoch nahmen sich nicht viele ein Herz, um in den Pool zu steigen, denn aufgrund der Kälte draußen, wurde es in der Halle auch nicht wirklich warm. Dies wollten The Carburetors aus Norwegen ändern - taten sie auch. Mit waschechtem Skandinavier-Rock 'n' Roll boten sie den Zuschauern somit den ersten Grund, um mal das Tanzbein zu schwingen. Einfach eine erfrischende Mischung, die fünf Jungs aus Norwegen. Zwischendurch gab es dann vom Sänger auch noch eine kleine Feuereinlage (siehe Fotos). Ein gelungener Auftritt, bei dem wir uns allerdings zur Hälfte schon verabschieden mussten, da Sarah Blackwood (The Creepshow Sängerin) in einer Chemnitzer Kneipe, dem Subway To Peter mit ihrem Soloprogramm aufwartete. Leider völlig (mit Chemnitzer FC Fans & Skins) überfüllt und so stickig, dass man es keine halbe Stunde drinnen ertragen konnte. Nun ja, was soll's. The Meteors verpassten wir somit also, aber nach Rücksprache mit mehreren Festivalteilnehmern lieferten die alten Männer aus Großbritannien eine - wie üblich - solide Show ab.
Samstag, 15.05.10. Neuer Tag - neues Glück. Das Wetter wollte und wollte nicht besser werden, aber zum Glück ist das Rock 'n' Ink ja ein Indoor-Festival. Also schnell hinein in die Halle und sich gleich noch einmal bei den Tattoo- und Händlerständen umgeschaut. Die Tätowierer kamen übrigens hauptsächlich aus ganz Deutschland, mit Schwerpunkt natürlich Chemnitz und Umgebung, aber auch aus ferneren Ländern wie zum Beispiel Mexico oder den Staaten, angereist. Zu den Qualitäten der einzelnen Tattoo-Studios kann ich jetzt weniger sagen, aus rein persönlichem (und daher logischerweise subjektivem Geschmack) gab es jedoch sowohl sehr Beeindruckendes als auch recht Mittelmäßiges zu sehen. Die erste Band an diesem Tage sollte The Flaming Rocks sein, die mit ihrem, teils progressivem, teils krachendem Sound mit dem Opener-Slot zu kämpfen hatten. Schlecht klangen sie nicht, wenn auch nicht mein Geschmack, jedoch wollte leider nicht wirklich Stimmung aufkommen.
An dieser Stelle möchte ich mal einen kleinen Schnitt machen, denn bis auf die Carburetors hatte mich bisher keine der Bands überzeugen können. Dies sollte sich mit So Fucking What schlagartig ändern. Bisher sprang mir der Name eigentlich nur bei Plakaten von irgendwelchen Onkelz Revival Festivals ins Auge und dementsprechend erwartete ich hier eigentlich eher die rockigere Schiene. Aber falsch gedacht. In feinster BossHoss-Manier gab es hier schnieken Country ('n' Roll) auf die Ohren, der aufgrund des recht fortgeschrittenen Alters der Band sehr authentisch rüber kam. Nicht umsonst waren sie zuständig für die musikalische Untermalung des Rock 'n' Ink Video Trailers. Checkt die Jungs einfach mal an - wenn ihr auf derartige Musik steht. Mir hat's jedenfalls sehr gefallen.
Richtig auf die Fresse sollte es jetzt geben: die [B]V8 Wankers[/b] betraten die Bühne und gaben feinsten Schweine-Rock zum Besten. Nicht erst bei "Eier aus Stahl" (aber gerade dann) wurde lautstark mitgesungen und mit diversen obszönen Gesten brachte Sänger Lutz Vegas einfach Spaß unters angereiste Volk. Auf Platte haben mir die Jungs bisher nie so 100%ig zugesagt, live allerdings wirklich sehenswert. Zweiter Daumen hoch! Weiter ging es mit den Milwaukee Wildmen, nicht aus dem Amiland, sondern aus den Niederlanden. Diese schlugen dann auch wieder mehr in die Psychobilly/Rockabilly-Kerbe. Witziger weise gab es am Ende des Sets noch ein absolut gelungenes Lady Gaga Cover ("Pokerface"). Als vorletzte Band sollten nun Reno Divorce aus den USA folgen und wie sie folgten. Wer die Jungs schon einmal gesehen hat, wird mir zustimmen, wenn ich sage, dass sie mich zu aller erst an die glorreichen Social Distortion. Sowohl Look, Gestik, Mimik, Sound wie auch die Stimme des Sängers machten den Eindruck. Dementsprechend gut haben sie mir auch gefallen! Mit ihrem melodiösen Punkrock sollten sie die perfekte Brücke zu den später folgenden The Bones schlagen. Schöne Sache!
Nach den fünf Bands hintereinander gingen wir erst mal zum Auto zurück, um uns ein wenig zu entspannen und zu stärken. Während wir noch im Auto saßen und ich gerade mit einem - mittlerweile sehr besoffenen - Kumpel zu kämpfen hatte, sah ich, dass allmählich mehr und mehr Massen aus der Arena strömten. Was war los? Bombendrohung - allen Ernstes! Ein paar anwesende Six-Packs ließen verlauten, dass sämtliche Anwesende die Halle verlassen sollten, damit die Beamten die Arena auf Sprengkörper oder Ähnliches durchsuchen konnten. Das dauerte ca. zwei Stunden (jaja, die Grünen waren nicht die schnellsten), bis es dann endlich weiter ging. Wir verpassten somit leider den ersten Tattoo Contest und waren froh, dass zumindest noch The Bones, das Highlight des Abends, spielen sollten. Sie rockten gleich zu Beginn mächtig los und lieferten wie immer ein grandioses Live-Set ab, quer durch alle Alben. Im Prinzip die perfekte Werbung für ihre aktuelle Live-DVD "Berlin Burnout". Nach Plan sollten sie 90 Minuten spielen, aber aufgrund der inzwischen schon sehr fortgeschrittenen Zeit wurde ihr Set um die Hälfte verkürzt. Ärgerlich, aber die knapp 50 Minuten hatten es in sich!
Den krönenden Abschluss des Abends sollten die Freaks vom Circus Bizarre aus Berlin (wenn ich richtig gehört habe) machen. Geboten wurde eine schräge Modenschau, Feuerspektakel inkl. Burlesque Show (im Übrigen wesentlich spannender als die vorherige), Pulling und ein Hauch Erotik. Von ansprechend bis fast schon ekelerregend war alles dabei; dazu dann noch extrem wummernde, basslastige Songs und vorbei war der Abend. Aufgrund der Zwischenfälle waren wir dann auch recht froh, endlich ins Bett zu fallen.
Sonntag, 16.05.10. Nachdem man an den beiden vergangenen Tagen die Arena zu Chemnitz schon ausgiebig abgegrast hatte, gönnten wir uns einen etwas ausgedehnteren Schlaf und reisten etwas später wieder zum Festival an, sodass wir nach ein paar Bierchen pünktlich zu Psychopunch vor der Bühne standen. Kurz vorher noch eine witzige Story: das ganze Festival über fragten wir uns, wann und wo wir nun endlich die älteste (voll)tätowierte Frau der Welt Isobel Varley sehen sollten. Kurz bevor die Band aus Schweden zu spielen begann, besuchte man noch einmal schnell die Toilette und voller Unglauben sah man in der Frauentoilette zwei ältere, betuchte Damen sich frisch machen. Noch unglaublicher wurde das dann, als diese plötzlich jemand als Isobel Varley erkannte und diese sich dann erst mal ihres Mantels entledigte und ihren üppigen, tätowierten Ausschnitt präsentierte. Bizarr, kultig, witzig.
Zurück zu Psychopunch aus Schweden. Ihr 40 minütiges Set bestand hauptsächlich aus Stücken der letzten 4 Studioalben, wobei ich Kracher wie "Hush Now Baby" oder etwa "No one really knows" vermisste. Vor der Bühne war recht gut gefüllt und den Leuten hat der Auftritt gefallen - mir ebenso! Der Gitarrist forderte uns dann noch einmal alle zum ausgiebigen Trinken auf, da er an dem Tag nüchtern bleiben musste. Armer Kerl. Der Sänger trank jedenfalls auf der Bühne schon seinen Whiskey. Kurz darauf betrat eine Band die Bühne, auf die ich mich am meisten gefreut hatte: The Generators aus den USA. Leider war es nun bedeutend leerer vor der Bühne, man hatte fast den Eindruck, die Generators seien der Opener des Tages. Dies sah auch Doug (Voc.) und forderte das Publikum immer wieder zur Bewegung auf und stichelte und beschimpfte (im Spaß) die Anwesenden in bester Punkmanier. Ein alter Hase eben. Haben insgesamt eine gute Show abgeliefert und eine bunte Mischung aus ihren bisherigen Veröffentlichungen gespielt. Gerne wieder!
Die letzte Band des Festivals, Mad Sin sollte folgen. Als Rausschmeißer quasi, wie Sänger Köfte es bezeichnete. Auf Platte haben mir die Jungs auch nie wirklich zugesagt, aber mein lieber Mann, was die Verrückten da aufs Parkett zauberten - mein lieber Mann. Hochmotiviert und extrem spielfreudig präsentierten sich die Psychos aus Berlin und verzückten das Publikum, was sich mehr als zahlreich vor der Bühne eingefunden hatte. Insgesamt knapp eine Stunde und 40 Minuten gab es Unterhaltung vom Feinsten und eine schöne Mischung zwischen tanzbaren, "ruhigeren" Nummern und waschechten Arschtretern zu bestaunen. Ich denke, die Fotos sprechen für sich.
Fazit: Das erste Rock 'n' Ink ging also insgesamt (bis auf die dümmliche Bombendrohung) absolut reibungslos und gut von statten. Es hat wirklich Spaß gemacht, so etwas auch mal in Chemnitz zu haben. Bei der Ankündigung wurde bei der ein oder anderen Sache vielleicht etwas zu dick aufgetragen, siehe "große Motorradshow" (ca. 8 Bikes waren es) oder der Burlesque Show und der nicht vorhandenen Karaokebühne und die sterile Atmosphäre machte es gerade den unbekannteren Bands nicht leicht, wirklich Stimmung aufzubauen, aber im Gesamten sind das alles nur kleinere Kritikpunkte. Gerade auch für den Preis von 18 ? für 3 Tage Festival. Rock 'n' Ink - man sieht sich 2011 gerne wieder! (bp)