Motörhead, Der W, Black Stone Cherry - 07.12.2009 - Fürth, Stadthalle

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Motörhead, Der W, Black Stone Cherry - 07.12.2009 - Fürth, Stadthalle

08.12.2009 - "Ihr werdet es bereuen!" ruft die Dame am Einlass lachend all denen hinterher, die an ihr vorbeilaufen ohne sich Ohrstöpsel zu kaufen. Ob sie recht behalten sollte, mag bezüglich der Lautstärke offen bleiben - nicht aber was das Konzert selbst anging. Denn Motörhead, seit bald 35 Jahren einer der verlässlichsten Faktoren des Rock'n'Roll, touren seit einem halben Jahr durch die halbe Welt, und bringen auf ihren deutschen Konzerten ein fettes Paket bestehend aus den aufstrebenden Black Stone Cherry aus Kentucky und dem Ex-Onkelz-Kopf Stephan Weidner alias Der W mit. Und das überzeugte.

Black Stone Cherry haben also die Aufgabe, schon um 19 Uhr vor noch recht dünn besetzter Halle zu eröffnen. Das hält die Band nicht davon ab, wirklich alles zu geben. Nie habe ich einen aktiveren Drummer gesehen. Der Mann springt wie ein Wilder auf und ab und hin und her, und stiehlt dem ebenfalls extrem sportlich herumrennenden und headbangenden Leadgitarristen und den ebenfalls keineswegs unbeweglichen restlichen Bandmitgliedern fast die Show.
Das Publikum staunt und erfreut sich neben der energiegeladenen Show auch an dem modern gefärbten, kräftigen Southern Rock und den hörenswerten Texten, bleibt aber sehr beherrscht. Fast ein bisschen schade, denn den Status als Anheizer hat sich die Band durchaus verdient. Aber dennoch ist davon auszugehen, dass hier einige als werdende Black-Stone-Cherry-Fans nachhause gehen.

Schon mehr Stimmung gibt es dennoch bei Der W. Und mit der Motörhead-Anlage dreht der auch die Lautstärke an - die ersten Reihen, nun etwas dichter gefüllt, können sich einen Kamm jedenfalls sparen, die Frisur erledigt der Schalldruck von vorne. Der Weidner fährt gegenüber der eigenen Tour im Frühjahr ein deutlich abgespecktes Bühnendesign (kleiner und ohne Backdrop, Motörhead an Effekten aber immer noch locker übertreffend), ein aus Zeitgründen logischerweise um die Hälfte reduziertes Set (das aber immer noch den Großteil des Albums "Höher, schneller, Weidner" plus "Gewinnen kann jeder" und die zwei neueren Songs "Heiß" und "Und wer hasst dich" umfasst - und Onkelzstücke hatte er solo ja noch nie im Programm) und hat sich auch personell verkleinert: Streicher und Gäste kommen vom Band, und die W-Band nunmehr mit nur einem festen Gitarristen aus. Bei gut der Hälfte der Stücke greift der Meister aber selbst zur zweiten Gitarre - ein Novum für ihn, das er durchaus souverän erledigt, auch wenn die ganz großen Gitarrenheldenposen fehlen.
In den ersten fünf, acht Reihen wird er fast eine Stunde lang gefeiert, jede Textzeile mitgesungen, jede Ansage bejubelt. Dahinter ergibt sich in der verwinkelten, abgestuften Halle erstmal eine Lücke, und hinter der gibt man sich zwar interessiert, aber maximal kopfnickend, zumal hinten der Sound ohnehin vermatscht und der Gesang kaum mehr verständlich ist.

Das Problem haben Motörhead freilich nicht - hier versteht man den Gesang schon vorne nur mit Vorkenntnissen, die aber alle haben. Denn pünktlich zu ihrem Auftritt hat sich die 3000er-Halle tatsächlich deutlich gefüllt, von überall drängen Kuttenträger nach vorne. Und machen Stimmung, die wie die Band mit ihrer Lautstärke zu beeindrucken weiß, und dabei jubeln, singen und klatschen auch noch die letzten Reihen zu Krachern wie "Rock Out" und "Killed By Death" kräftig mit, auch wenn dort die Headbang- und Tanzquote (die weiter vorne vor allem beim ausgedehnten Drumsolo von "In The Name Of Tragedy" massiv gesteigert wird) zurückgeht. Damit passen sie aber bestens zur Band - nicht dass man Lemmy seine in wenigen Tagen 64 Lenze ansonsten anmerken würde, aber sein Bewegungsradius bleibt äußerst überschaubar. Macht ja aber nix, von dem Mann wird Rock'n'Roll erwartet und keine Show. In der sich Motörhead auch bewusst klein halten: Keine Videoleinwände, keine großartigen Bühnenaufbauten, nur ein paar simple bunte Scheinwerfer, einige Stroboskope und ein wenig Nebel). Gitarrist Phil Campbell gibt sich etwas lebhafter und macht auch eine Ansage mit der Aufforderung zum Massenschreien, aber auch hier powert der Drummer am meisten: Energiebündel Mikkey Dee wirbelt während einem Song schonmal ein Dutzend Sticks hinter die Bühne oder wirft seinem Backliner die Gitarre, die er für den ruhigen "Whorehouse Blues" übernimmt (während er mit den Füßen weiterhin ein Minimal-Drumkit bedient - sehenswert!), über fünf Meter Distanz zu.
Nach anderthalb Stunden inklusive den drei Zugaben (erst als zweitletztes kommt der von der ganzen Halle gefeierte Über-Song "Ace Of Spades", dann "Overkill") und einem Gitarrensolo als Trenner im Hauptblock geht der Hauptact des heutigen Abends auch schon wieder von der Bühne - die Fans feiern noch fünf Minuten weiter. Sie hatten genauso Spaß wie die Band - Motörhead hat genau das geliefert, was sie erwartet haben. Nein, bereut, wie die Ohrstöpsel-Lady das prophezeit hat, hat den Abend ganz sicher keiner. Und selbst mein Tinnitus hält sich trotz allem in Grenzen. (ys)

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