Der W

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Der W

Redaktion: Endlich war es soweit! Wir konnten Stephan Weidner trotz widriger Umstände (schwerer Unfall einer Freundin von ihm wenige Stunden bevor) für ein ausgiebiges Interview gewinnen. Eigentlich sollte das Ganze schon auf dem ersten Teil der "Autournomie" stattfinden. Damals machten uns aber der Gesundheitszustand des Künstlers einen Strich durch die Rechnung. Viel Spaß beim Interview mit einem sichtlich und hörbar aufgeregten Redakteur.

Hallo Stephan! Wie läuft die Vorbereitung bisher? Heute ist ja der Tourstart der zweiten Hälfte "Autournomie".


Der W: Ganz klassisch eigentlich. Verhauene Generalprobe und das ein oder andere kleine technische Problem. Aber man sagt ja immer: "Wenn die Generalprobe scheiße ist, wird die Tour bzw. das erste Konzert umso besser." Und eben beim Soundcheck hat sich schon alles ganz richtig und gut angefühlt. Wir sind bereit!

Redaktion: In dem Tourtagebuch zur letzten Tour, bei der das Interview eigentlich stattfinden sollte, was aber aufgrund Deiner Stimmprobleme nicht ging...

W: Oh ja, stimmt, da hat es mich schlimm erwischt. Da ist so ziemlich alles ausgebrochen, was man so an Erregern in sich tragen kann und dann ging gar nix. Keine Stimme, Bronchitis, Übelkeit - das volle Programm. Das ist mir zum ersten Mal auf Tour passiert und auch zum letzten Mal!

Redaktion: Hoffentlich!

W: Ja, das weiß ich!

Redaktion: Es sind jedenfalls noch ein paar Fragen übrig geblieben. Im Tourtagebuch stand, dass bei der DVD-Show in Dortmund - die DVD erscheint am 09.12.2011 - einige Verspieler dabei waren. Wird das auf der DVD retuschiert oder bleibt sowas diesmal?

W: Nö, das bleibt. Zu erst einmal bin ich ja sowieso bekannt, den ein oder anderen Fehler einzustreuen. Das kann man ja so alles auch ein bisschen koordinieren. Das zu kaschieren, macht keinen Sinn. Eher dazu stehen und sagen: "Pass auf, so isses!". Und andere Bands verspielen sich ja auch und letztendlich bleibt es ja nicht dabei, dass das dann auf der DVD-Produktion zu sehen ist. Dann wird dann später was rausgecutted oder eben etwas verbessert. Und da ich tierisch gelangweilt bin von den ganzen glattgebügelten Produktionen - und da schließlich meine vergangenen Produktionen mit ein - wollte ich einfach mal wirklich zeigen, wie es wirklich ist. Ich werde dafür sicher keinen Referenz-Klang-Preis bekommen, aber halt zeigen, wie es sich auf der Bühne eben auch anhört. Es ist alles relativ nah dran. Du darfst dir jetzt nicht vorstellen, dass es so übel klingt. Es ist schon alles relativ ordentlich. Aber es ist jetzt nicht so poliert, wie man es vielleicht im Augenblick gewohnt ist.

Redaktion: Sowohl auf dieser, als auch auf der letzten Tour gab es Coverversionen im Programm. Warum sind diese nicht auf den jeweiligen DVDs enthalten?

W: Erstmal brauchst du ja die Freigaben dafür und das ist mir, ehrlich gesagt, zu viel Stress. Auch Gefahr zu laufen, dass Billy Idol dann sagt: "Nee, geht nicht!". Brauch es auch nicht. Es ist ja auch ein Spaß für die Leute im Konzert. Aber das auf Platte zu pressen - dafür fand ich die Songs jetzt auch nicht so gut performed, als dass man das jetzt der Nachtwelt müsste. (lacht)

Redaktion: Vielleicht eine nervige Frage, aber: Gibt es schon News bezüglich des noch unveröffentlichten Songs "Komm schon"?

W: Ehrlich gesagt, ich weiß auch nicht, warum ich damit nicht in die Pötte komme. Eigentlich liegt alles da. Beziehungsweise, halt, ich weiß doch, warum. Im Endeffekt fehlt mir zu dieser ganzen Idee fehlt mir diese Manifest noch. Sprich, ich brauch einen griffigen Text - also keinen Songtext, sondern einen Text, der die Situation des Ganzen so auf den Punkt bringt, dass man es nicht hinterfragen kann, weil man sonst sich automatisch als Arschloch outet. Das ganze Ding muss so intelligent und gleichzeitig so verständlich und erhaben sein. Schreib mal so einen Text! (lacht) Das ist wahnsinnig schwer. Ich habe mich natürlich hingesetzt und zu diesem Song und der Idee...ich nenne es ungern Toleranz-Projekt. Toleranz ist zwar im Prinzip ne schöne Geschichte, aber Toleranz kann ja auch durchaus zu weit gehen, indem man sich Dinge zu lange anschaut und vielleicht verpasst, dann doch mal zu sagen: "Da hört meine Toleranz dann doch mal auf!". Das muss auch geübt werden und wie gesagt, glaube ich, mit den richtigen Worten begleitet werden. Und das ist das Problem, vor dem ich stehe.

Redaktion: Aber der Song an sich wäre fertig?

W: Der Song an sich ist deswegen nicht fertig, weil es sozusagen nur meine Fassung ist. Ich möchte den Song ja gerne mit anderen Künstlern performen. Also sprich, ich möchte ja gern Leute vereinen. Das ganze Projekt, worum es da geht, ist sozusagen ein Zeichen nach außen, dass es durchaus möglich ist, dass Leute, die sich einstmals nicht mochten oder sich vielleicht auch aufgrund ihrer Bandzugehörigkeiten oder Genrezugehörigkeiten nicht verstehen, zusammen finden. Da wir ja in einer Welt leben, wo echt jeder den anderen nur noch blöd anmacht, alle nur noch neidisch aufeinander sind, sich alle bekämpfen bis auf's Blut - sei es körperlich oder verbal - dachte ich, es wäre einfach einmal ein schönes Zeichen, jetzt nicht die Maffays oder Lindenbergs dieser Welt auftreten zu lassen und beispielsweise ein "Rock gegen Rechts" zu spielen. Sondern, dass da Leute sind, die durch ihr Zusammenkommen dokumentieren, dass es durchaus möglich ist, dass man sich irgendwo treffen kann. Dass man zwar unterschiedliche Musik hören kann, dass man unterschiedlich aussehen kann und trotzdem an die Gemeinsamkeiten erinnert wird. Ich finde, Jugendliche wollen ja auch teilweise ihre Feindbilder haben - das ist auch ok, aber es muss ja nicht irgendwie in Kämpfen enden. Wir haben ja doch auch was gemeinsam. Wir möchten unseren Style pflegen, du möchtest so aussehen wie du willst und der Rapper und der Punk will das auch. Und der eine findet den anderen eben kacke und können mit der Optik und mit der Musik nichts anfangen. Aber eigentlich haben sie doch die gleiche Ambition. Sie wollen alle ihren Scheiß machen und sich dabei wohl fühlen und das ist eine Gemeinsamkeit, die man durchaus mal besprechen und nach oben spühlen darf. Und darum geht's! Der Song und das ganze Projekt wird eigentlich erst dann interessant, wenn ich sozusagen diese ganzen Leute vereint habe - und ich habe da teilweise schon sehr überraschende Zusagen bekommen - und wir diesen Song gemeinsam verwursten können, sodass sich jeder dann auch drin wieder findet und wohl fühlt. Und das dann auch noch so unkommerziell wie es eben nur geht. Also da sollten dann keine Plattenfirmen oder Fernsehsender dahinstehen, sondern es soll eine Sache sein, die Jugendliche selbst entdecken dürfen. Weil ich das einfach immer noch das Coolste finde. Wir haben mit dem Internet und mit den anderen Medien auch die Möglichkeit, Sachen die gut sind auch werden zu lassen. Man muss ja nicht immer alles auf die Stirn stempeln. Die guten Sachen muss man entdecken. Jetzt habe ich echt viel geredet, aber ich hoffe, die Sache ist jetzt etwas klarer.

Redaktion: Vor einigen Tagen wurde auf Deiner Homepage im Zuge der QR-Code-Aktion der Songtext zu "Leinen Los" gepostet. Wird der auch irgendwann nochmal gepresst?

W: Mal gucken, wenn die Leute mich ausbuhen beim ersten Song, weiß ich nicht, ob den nochmal recorden möchte. Aber klar, das ist schon der Startschuss in diese "W III" Phase. Als solches sehe ich den schon.

Redaktion: Du hast mit Ibiza und Dublin zwei Wohnsitze und in Frankfurt ein Studio. Wie brint man das alles unter einen Hut? Familie, Arbeit, Touren?

W: Das ist fast unmöglich. (grinst) Ich schaffe es, mir mein Leben so einzuteilen, dass ich meine Arbeitsphasen, d.h. wenn ich schreibe oder Musik mache auch nicht immer auf Frankfurt beschränken muss. Das heißt, wenn ich die finalen Aufnahmen mache, dann fahre ich natürlich nach Frankfurt und mache die im Studio23, weil ich mich da einfach gut auskenne und wohl fühle. Den Rest meiner Arbeit versuche ich dann halt an die Orte zu verlegen, wo sich meine Familie aufhält.

Redaktion: In den 90er Jahren hast Du viele Interviews gegeben, um gerade auch die damaligen Nazivorwürfe vom Tisch zu bekommen. Wie fühlst Du dich heute dabei oder guckst Du Dir sowas gar nicht mehr an?

W: Ich gucke mir ja noch nicht mal meine DVD mehr an, weißt du? Ich bin da jemand, der solche Sachen relativ schnell hinter sich lässt. Es gibt da immer so Phasen und Dinge, die trägt man lange mit sich rum. Aber ich seh mich auch so ungern. Ich merke immer, wie arrogant ich dann da so rüberkomme und kriege immer das Kotzen über mich selbst und deshalb mach ich es, weil ich denke, das ist wichtig, aber ich fühle mich jetzt nicht toll dabei. Das ist aber auch ganz gut so. Das hält mich mit beiden Beinen auf den Boden und das ist quasi für mich wie ein Realitätscheck. Natürlich war mir diese Sache zu dem Zeitpunkt auch wichtig. Livesendungen zu suchen, wo man dann auch wirklich Dinge sagen kann, ohne, dass man sie einem im Nachhinein im Mund herumdrehen kann. Ob es nun was gebracht hat oder nicht, sei mal dahin gestellt, aber es war ein Bedürfnis. Um auf deine Frage zurückzukommen. Ich gucke mir in der Regel alte Sachen nicht an. Ich hab mir auch die Lausitz DVD nicht mehr angeschaut. Ich habe ja auch lange genug daran gearbeitet, das heißt, ich weiß ja auch, wie das alles aussieht. Ich sitze jetzt nicht da und gucke mir das ständig immer wieder an. Das hat den einen Grund, den ich gerade genannt hab, das heißt ich mag mich selbst jetzt nicht so gerne sehen und zum anderen schleppe ich auch nicht gerne alte Last mit mir herum.

Redaktion: Damals gab es ja das Onkelz-Radio, in dem Du deine momentan Favourites vorgestellt hast. Kannst Du uns ein paar Künstler nennen, auf die Du momentan abfährst? Also, außer die, die Du produzierst?

W: Ja, natürlich! Ich stehe tierisch auf Brank Bjork, den Ex-Drummer von Kyuss. Das ist so das, was ich momentan vor und zurück höre. Und ansonten höre ich unheimlich viele Sachen und in der Regel gefallen mir immer nur so ein, zwei Songs, deswegen will ich dem Künstler ein Podest bauen, weil er nen guten Song geschrieben hat. (grinst) Die Bands, die mich wirklich über mehrere Alben begeistern können, sind jetzt nicht so viele. Allerdings gibt es unheimlich viel Musik, die mich interessiert. Ich höre, was andere so machen und dann höre ich aber auch eher analytisch hin. Und dann gibt es wieder Musik, die benutze ich einfach nur, um zu träumen, mich wegzuschicken oder einfach nur um sauer zu sein. Ich nutze Musik eigentlich auch eher so, um meine Emotionslagen zu fördern, zu erhalten und vielleicht auch der Suppe das Salz hinzuzufügen.

Redaktion: Um mal anderen Künstlern zu bleiben. Du hast ja bei den Nordend Antistars mit Daniel Wirtz kollaboriert. Wir hatten mit ihm ein Interview, wobei wir ihn nach einer weiteren Zusammenarbeit fragten. Er sagte, es sei noch nichts geplant. Kannst Du Dir denn da noch Weiteres vorstellen?

W: Ich hätte mir mal eine Zusammenarbeit vorstellen können. Jetzt kann ich mir das nicht mehr vorstellen. Da solltet ihr lieber Daniel zu befragen. Wenn er ehrlich ist, dann gibt er euch auch eine ehrliche Antwort.

Redaktion: Schnell zur nächsten Frage...

W: Es ist nicht unangenehm. Daniel ist ein netter Junge, weißt du? Wir sprachen über die Zusammenarbeit. Es hat nichts damit zu tun, dass ich Daniel nicht mag oder nicht gut finde, was er macht, oder so. Nicht, dass man mich da jetzt falsch versteht.

Redaktion: Im GoTV Special hast du einige der Lieblingssongs vorgestellt. Unter anderem auch einen von Social Distortion. Du hast Dich allerdings eher negativ über das aktuelle Album ("Hard Times And Nursery Rhymes") geäußert. Warum?

W: Wenn ich ganz ehrlich bin, man hört ja auch immer über sich selbst: "Ach, da ist die Luft raus und ich hab auf den oder die Onkelz keinen Bock mehr.", so geht es mir ja auch mit manchen Bands und dir wahrscheinlich auch. Man hat natürlich Helden, die möchte man genauso hören, wie man sie in der Zeit erlebt hat. Nur, man selbst wird ja älter und man kann ja auch nicht von den Leuten verlangen, dass die auch genauso bleiben, wie sie zu dem Zeitpunkt waren und sich gar nicht entwickeln. Nichts desto trotz kann es auch passieren, dass die Musik eine Wendung nimmt, die nicht mehr ganz so intensiv empfunden werden kann - aus welchen Gründen auch immer. Es ist nicht so, dass ich dem Mike Ness nicht abnehmen würden, dass er eine intensive, tolle Platte gemacht hat in seinen Augen. Aber sie spricht mich aus welchen Gründen auch immer nicht mehr an und geht mir nicht mehr so nah. Das mag aber auch gar nicht so sehr an ihm liegen, sondern vielleicht mehr an meiner Entwicklung. Vielleicht bin ich aus Social Distortion jetzt auch vielleicht rausgewachsen oder ich hab es über. Genauso wie manche Leute sich irgendwann an den Onkelz tot gehört haben oder vielleicht sich auch an mir tot hören. Wie ich es ja auch im Falle von "Autonomie!" hatte: Die einen Leute sagen, "Schneller, höher, Weidner" war viel geiler und die anderen sagen, die "Autonomie!" ist besser. Manche Leute mögen mich jetzt gar nicht mehr und andere mögen mich mehr. Das ist nun mal einfach so. Und ich will auch keinem Künstler ungerecht werden. Jeder hat das Recht, zu tun, was er will und ich muss auch Mike Ness' Blog jetzt nicht vollspammen und sagen: "Ey, du Arsch, was machst du denn da für eine kraftlose Mucke?". Es hat ja vielleicht eine Kraft, die ich jetzt nicht so nachvollziehen kann oder mir die Zeit fehlt, mich da tief genug fallen zu lassen. Die hatte ich vielleicht mal bei alten Alben. All diese Dinge und Faktoren, die, wenn man's ganz fair betrachtet, man auch in sein Urteil mit einbezieht.

Redaktion: Du produzierst ja seit vielen Jahren deine Alben selbst. Wie hast du angefangen, Dir das anzueignen und wann?

W: Puh! Also bei den Onkelz musste man ja irgendwann alles selbst machen. Es wollte ja auch irgendwann keiner mehr mit einem arbeiten. (lacht) Und das war irgendwie für solche Dinge natürlich auch ganz gut. Man lernt unheimlich viel, weil man lernen muss. Ich gehöre vielleicht auch zu der Sorte Mensch, die gerne solche Dinge absorbiert und aufsaugt. Ich bin da schon so ein Schwamm und das bin ich auch gerne. Das macht mich manchmal auch ein bisschen wahnsinnig, weil man auch kaum Ruhe findet und man Angst hat, etwas zu verpassen. Das wird zwar im Alter weniger, aber Neugier im Sinne von: "Was hat das Leben noch so zu bieten?" - das möchte ich mir schon bewahren.

Redaktion: Wie zufrieden bist Du dann im Nachhinein mit deinen Produktionen anderer Bands? Ich denke da an Suprasod oder Sub7even.

W: Also, mit Suprasod bin ich noch sehr zufrieden. Eine Platte, die ich mir heute noch gerne anhören kann. Klar hadert man heute mit manchen Dingen und würde vielleicht die Gitarre anders machen, aber ich finde, es ist immer noch eine ziemlich runde Produktion mit extrem coolen Songs. Ich fand die Sub7even auch gut. So richtig zufrieden ist man nie. Wenn das mal passiert, wird man sich wahrscheinlich zur Ruhe setzen oder dann hat man es geschafft. (lacht) Ich kenne aber auch keinen Künstler, der sagt. "Das ist genau so richtig!". Man gewinnt zwar irgendwann nach diesen drei, vier Wochen, wenn es dann auf CD gebracht wurde, einen gewissen Abstand dazu und akzeptiert es dann. Aber diese Wochen danach - die sind brutal. Wo man sich denkt: "Ach, klingt das scheiße" oder "Das Delay klingt ja nach" - Kleinigkeiten, die eigentlich niemand, außer einem selbst, so richtig hört. Die treiben mich zum Wahnsinn. Deswegen darf ich es dann auch ganz lange nicht hören. Wenn ich es dann irgendwann auf ner Party oder so höre, dann geht es dann wieder. Und diese Distanz zwischen Abmischen und dem finalen Mix brauchst du dann auch einfach und dann geht's auch wieder. 100% zufrieden sein - weiß ich nicht, ob man das je ist. Es kann ja auch passieren, dass man Dinge zu lange bearbeitet. Es haben ja auch viele Künstler diesen Schritt zurück gemacht und die Platte komplett als Band zusammen eingespielt, in 2 Wochen, anstatt in 2 Monaten. Ein bisschen weniger Zeit für eine Produktion kann ich mir schon auch vorstellen, aber dann bedarf es einer besseren Vorbereitung. Dann müssen die Songs stehen und das Zeug dann live einzuknüppeln wäre auch mal reizvoll für mich. Weil, wie gesagt, was co-produzieren, das kann ich jetzt, glaub ich, aus dem FF. (lacht)

Redaktion: Schön zu hören! Was hälst Du von den ganzen Unplugged Sessions (Stichwort: Lindenberg / MTV Unplugged), die momentan vermehrt gemacht werden. Könntest Du Dir auch so etwas vorstellen? Also, nicht in Verbindung mit MTV, sondern einfach alte Songs in neuem Gewand?

W: Also, ich finde es generell eine ganz schöne Geschichte. Vorausgesetzt, man schafft die Songs tatsächlich so umzusetzen, dass sie das Gefühl behalten, aber trotzdem anders klingen. So 1 zu 1 nachspielen und die elektrische durch die akustische Gitarre zu ersetzen, fänd ich jetzt ein bisschen langweilig. Ich könnte mir sowas eher vorstellen, dass man das Genre wechselt, dass man Dinge vielleicht etwas bluesiger oder jazziger - ich trau mich das Wort ja gar nicht in den Mund zu nehmen - vorträgt. Da läge für mich der Reiz drin. Aber ehrlich gesagt, genau diese ganzen Leute, Lindenberg oder wie sie alle heißen, die versauen mir eigentlich die Motivation, das zu machen. Also, ich finde einfach, mitterweile ist das Ding so besetzt und durch. Ich nehme aber auch gern wieder das Gesagte zurück und sage vielleicht in zwei, drei Jahren: "Jetzt machen wir das!".

Redaktion: Eine kleine Kurzfragerunde: Deine Favourites an Songs auf der letzten Tour?

W: Von meinen Songs? Puh, das sind die, die ich am einfachsten spielen kann, die am wenigsten Akkorde habe. Oder wo ich gar nicht Gitarre spiele: "Schatten" zum Beispiel. (Gelächter) Wenn ich jetzt schon die Hose herunter lasse und ehrliche Interviews gebe, dann darf ich schon auch sagen, dass mich das Gitarrenspiel anfangs ganz schön angestrengt hat. Ich hoffe, dass man jetzt sehen kann, dass ich da jetzt auf 'nem ganz guten Stand bin. Und auch, wenn ich auf der letzten Tour schon behauptet habe, dass ich mich wohl gefühlt hätte - zum Ende hin dachte ich dann: "OK, jetzt können wir weiter machen" und auf dem Stand beginne ich dann hier jetzt die "Autournomie 2". Dementsprechend fühle ich mich da eine ganze Ecke sicherer, cooler und auch wohler an der Gitarre. Dieser Switch vom Bass zur Gitarre war doch nicht so einfach, wie ich mir das vorgestellt habe. Auch das Gitarrespielen zu Hause ist 'nen anderes, als auf dem Konzert. Und dann auch noch singen zu müssen und die Leute zu unterhalten, ist schon nicht einfach. Solche Dinge müssen so gesackt sein, dass es Automationen sind. Dann kommen die gut rüber. Wenn du über etwas nachdenkst, ob das nun eine Gitarre ist oder ein Wort, ist der Song eigentlich schon scheiße performed.

Redaktion: Aus welchen Gründen nutzt Du eigentlich MACs?

W: Ich bin sozusagen ein MAC-Nutzer erster Stunde! Ich muss öfters mal Programme nutzen, die nur auf PCs laufen und ich flippe jedes Mal aus, wenn ich so ein Ding anstellen muss. Also, ein MAC hat einfach eine schönere und leichter zu verstehende Oberfläche und meines Erachtens wird da ja auch heftig geklaut. Sicherlich holt Apple sich ja auch Anregungen von anderen Softwareherstellern, keine Frage, aber im Grunde ist das tatsächlich das edlere, bessere und stabilere Betriebssystem. Auf dem PC hätte ich, glaube ich, sicher nicht so eine Leidenschaft am Computer zu sitzen, wie ich das auf'm MAC habe. Das ist auch eine emotionale Geschichte. PC wäre für mich tatsächlich so ein reines Arbeitsgerät, aber da hätte ich nicht mal Bock, darauf Musik zu machen, um ehrlich zu sein. So geht es mir. Selbst wenn ich schon Netzwerke konfigurieren muss - funktioniert es oder funktioniert es nicht? Das ist immer so eine 50-50 Chance. Und wenn du mal ein Problem hast: Beim MAC kriegst du das hin. Beim PC musst du - wenn das Problem tiefer liegt - einen Freund hin oder ihn woanders hinbringen. Also, ich finde, das hat schon seine Berechtigung, dass Apple da mittlerweile aufgeholt hat. Schade, dass es immer noch ein Stück weit teuerer ist. Jeder sollte die Möglichkeit haben, sich zwischen beidem entscheiden zu können. Wenn das Preisgefüge 'even' wäre, gäbe es kein Grund für einen PC. Es gibt zwar immer noch Software nur für den PC, aber nicht mehr in dem Ausmaß, wie das noch vor 10 Jahren war.

Redaktion: Ein paar Worte zur Frankfurter Eintracht.

W: Was soll ich sagen? Ich bin ja nun ein gebranntes Kind. Für ist die zweite Liga mittlerweile nichts Neues mehr und ich versuche halt, da das Beste daraus zu machen. (grinst) Ich gucke Samstag ja schon ungern Bundesliga, weil die Eintracht eben nicht dabei ist. Werde dann auf die Montage und Sonntag um 13 Uhr vertröst - was sind das bitte für Anstoßzeiten? Da kannst du doch kein Bier trinken und das gehört für mich zum Fußball dazu. Es ist schon hart, aber man gewöhnt sich dran. Die Eintracht hat ja seit den 80ern nicht mehr allzu viel gerissen, aber was will man machen? Ich bin da geboren, groß geworden und das ist halt mein Verein. Im Augenblick stehen wir zwar oben, aber zweite Liga ist für eine Stadt und eine Mannschaft wie Frankfurt... ja, die zweite Liga ist durchaus auch spannend, aber Frankfurt gehört halt in die erste. Da können sich die Fürths und Augsburgs tummeln. (grinst)

Redaktion: Als Magdeburger verstehen wir Dich da ganz genau. Lieblingsbier?

W: Ich trinke eigentlich ganz gerne ein Becks, auch, wenn ich es nicht für das beste Bier halte, aber komischerweise hat sich das da so breit gemacht in meinem Gehirn. Und es ist auch überall erhältlich. Aber ich trinke auch ganz gerne mal ein Warsteiner.

Redaktion: Kinder.

W: Find ich gut.

Redaktion: Wahrscheinlich auch vor allem dein eigenes.

W: Ja, ich finde nicht alle anderen Kinder gut (lacht), aber es gibt auch welche, die ich gut finde. Nee, ich finde Kinder geil. Ich find den Terror geil. Mein Sohn erinnert mich da unheimlich an mich, was nicht immer einfach ist, denn jetzt so einen Spagat zwischen autoritäre Vaterrolle und den Verständnisvollen zu finden. Aber ich finde, Kinder machen einfach riesen Spaß. Dieses Geradeaus und Lustigsein, dieses Unbeschwerte. Auch, wenn sie glauben, sie hätten schon tierisch viele Probleme. Mein Sohn ist jetzt gerade 12 geworden und pubertiert aber schon wie blöde und da fängt man dann an "Ach, was ist das alles schon so übel.", aber eigentlich geht es denen ja richtig gut. Den meisten Kindern zumindest und ich finde auch schön, wenn sie das registieren. Wir sind ja echt in einer privilegierten Situation in einem Land in Europa zu leben - da geht es uns ja relativ gut. Im Gegensatz zu der dritten Welt und ich finde auch schon wichtig, dass die Kinder das wissen, dass nicht selbstverständlich ist, dass alles da bist.

Redaktion: Wie technik-affin bist Du? Leistest Du Dir gern mal Schnicksack?

W: Ich lebe im Elektroniksmog. Ich bin da echt besessen von, allerdings versuche ich mich jetzt auch schon ein wenig zu reduzieren. War es früher so, sobald es was Neues gab - da musste das Alte noch nicht mal kaputt sein - dann habe ich mir das gekauft. Mittlerweile halte ich das auch schon mal ein, zwei Generationen aus. Allerdings bin ich da kein gutes Beispiel. Ich bin so ein Gadget-Freak, ja.

Redaktion: Die letzte Frage nun nochmal bezüglich der aktuellen Onkelz Best-Of "Lieder wie Orkane". In Foren wird dem ganzen - ähnlich wie seinerzeit der "Onkelz wie Wir" - Geldmacherei und Lieblosigkeit vorgeworfen. Willst Du Dich dazu äußern?

W: Ja, klar! Kritik ist ja ok, solang die auch für mich nachvollziehbar ist. Aus Sicht eines Die-Hard-Onkelz-Fans, der sowieso schon alles hat, macht das Ding natürlich so gar keinen Sinn. Das ist vollkommen klar. Dann würde ich mir aber auch sagen: "Ok, kauf ich mir das eben auch nicht.". Das so schlecht zu reden, wie das teilweise getan wird, ist jetzt nicht ganz so fair. Ich denke mal, die Onkelz waren jetzt nie eine kommerziell ausgerichtete Band und werden es auch nicht sein. Sich seines Kataloges zu bedienen ist sicherlich auch in Zeiten, wo Künstler darunter leiden, wenig CDs zu verkaufen, durchaus auch legitim. Würde kein anderer Mensch anders machen. Klar hätte man vielleicht noch ein bisschen mehr Arbeit reinstecken können. An der Preisschraube habe ich ja schon gedreht. Als ich gesehen habe, dass wir da bei über 50 Euro waren, habe ich den Vertrieb angerufen und gesagt: "Passt auf, Leute, so läuft das nicht. Das Ding muss als Minimum 'nen Zehner billiger werden!" und das ist dann ja auch passiert. Das ist eine Kritik, die nehme ich gerne auf, die finde ich gerechtfertigt und da können wir darüber reden. Aber alles, was ich nicht haben will, einem anderen madig zu machen - darauf stehe ich jetzt nicht so. Es wurde jetzt auch bei der QR-Code Aktion, die ich gestartet habe...also, wenn du einen QR-Code siehst, kannst du den scannen, deine Telefonnummer hinterlassen und was gewinnen. Natürlich haben alle, die kein Smartphone haben gesagt: "Ach Gott, was machen wir denn jetzt?". Anstatt sich darüber zu freuen, dass es sowas gibt und jemand so eine Aktion startet. Aber dann zu sagen "Ok, ich bin nicht dabei, also gönne ich es auch dem anderen nicht.", das finde ich schon doof, eigentlich. Natürlich kann man sich darüber ärgern. Wir sind dann ja auch durch die Halle gegangen und suchen Leute, die kein Smartphone haben. Dann gibt es aber auch wieder Stimmen: "Nö, dann kann ja jemand zwei Smartphones haben und sich dann zwei Mal registieren!"...

Redaktion: Im Ernst?!

W: Ja, das ist schon echt befremdlich. Ich weiß auch gar nicht, ob ich da noch darüber lachen soll. Ein klassisch deutsches Ding, finde ich. Eine ganz schlimme Angewohnheit und das wird auch immer übler. Ich stehe auch nicht so auf Ungerechtigkeiten. Aber da kann man ja auch mal sagen: "Hey, das ist doch cool, sowas überhaupt mal zu machen".

Redaktion: Mich überrascht es auch, ehrlich gesagt, dass es gerade bei dem Thema negative Stimmen gab.

W: Wenn du zum Beispiel Lotto spielst, musst du dir ja auch einen Schein kaufen.

Redaktion: Ok, lassen wir das mal so stehen. Hast Du noch letzte Worte? Ansonsten wünschen wir Dir ein gutes Konzert!

W: Nee, letzte Worte habe ich keine. Das klingt immer so endgültig. (grinst) Danke für das Interview.

Redaktion: Wir danken!

Eingetragen von bp am 19.12.2011.

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