Beatsteaks

Zurück zur Übersicht | Archiv Juli 1999 | Archiv 1999

Beatsteaks

Redaktion: Erzähl' doch Etwas über eure Anfänge und wie alles losging!

Arnim: BEATSTEAKS gibt's seit 1994, wir haben die ganz normale Nummer mit Demo, 7" und vielen Gigs gemacht. Danach haben wir unsere erste Platte "48/49" auf 'nem kleinen Berliner Indielabel namens XNO veröffentlicht. Im Zuge der Veröffentlichung sind wir weiterhin viel getourt und irgendwann kam dann der Kontakt mit Epitaph zustande. Die haben uns in Amsterdam gesehen, fanden uns geil und wollten uns. Für uns ist es auch 'ne Ehre auf so nem Label zu sein. Das ist so die Chronik.

Redaktion: Seht ihr euch einer bestimmten Szene zugehörig, dass ihr halt 'ne Punkrock- oder Hardcoreband seid?

Arnim: Also, ich bin besonders stolz auf unsere erste Platte, weil die andeutet, dass wir keine Angst haben und machen was wir wollen. Das ist für mich Punk. Wir kommen nicht aus Brooklyn oder L.A., deswegen macht es für mich keinen Sinn so wie NOFX oder H2O zu klingen. Wir versuchen, unser eigenes Ding zu machen, obwohl wir schon etwas mit Punkrock zu tun haben, sonst wären wir auch nicht auf Epitaph.

Redaktion: Nach dem Gig auf dem letztjährigen Bizarre gab's im Internet ein Forum zu den Gigs der Bands, wo einige Leute über BEATSTEAKS meinten, dass sie Poser seien und eben nicht richtig Hardcore sind. Hört ihr das öfter, weil ihr nicht aus 'ner bestimmten Szene kommt?

Arnim: Das gibt's immer, da man als Musiker nicht erwarten kann, dass einen alle mögen. Wir sind in dieser Hinsicht ziemlich verwöhnt, da gute Resonanzen von Bands wie LAGWAGON oder H20 kommen, wenn wir mit ihnen zusammenspielen. Soviel zur Szene. Wir sind wir selbst und können 100% hinter unserer Sache stehen, und wenn das jemand nicht gut findet ist es auch ok. Und auch wenn der Jemand ein Journalist ist, will ich niemandem in den Arsch kriechen, nur weil er Journalist ist oder um zur Szene dazuzugehören. Ich bin ein Musikjunkie, der von BEACH BOYS über SICK OF IT ALL bis zu RANCID alles hört, es kommt aus dem Herzen.

Manchmal ist aber schwierig mit Kritik umzugehen, aber du musst damit klarkommen. Es ist so als wenn jemand deine Mama beleidigt. TOCOTRONIC haben eben im Interview gesagt, dass sie uns zum Kotzen finden, für mich ist das ok. Dafür hat sich unser Backliner während des Tocotronicgigs vor das Schlagzeug gelegt und gegähnt. Wir Sitzen am Längeren Hebel Tocotronic, hehehe!

Redaktion: Eure erste Scheibe ist eigentlich Hardcore- und Punkrock. Die Neue kann ich nicht richtig beurteilen, da ich sie nur kurz gehört haben, kommt mir aber mehr Richtung Alternative Rock vor. Kann das sein?

Arnim: Die erste war halt noch unser Baby, in 12 Tagen eingespielt und gemischt, das war purer Punkrock. Die Neue ist auf jeden Fall besser produziert und wir hatten natürlich viel mehr Zeit, Songs zu schreiben. Wir haben versucht das Beste rauszuholen. Zwischen den Alben befinden sich zweineinhalb Jahre Zeit, viele Erfahrungen und Touren. Man weiß irgendwann, was man machen will und was man lieber seinläßt. Es ist sicherlich 'ne Weiterentwicklung gewesen. Mit "48/49" haben wir den Grundstein gelegt und schon damals war es nicht nur Punkrock, sondern wir haben verschiedene Stile gemischt. Diese Entwicklung haben wir auf die Spitze getrieben.

Aber gerade in Berlin gibt's sehr geteilte Meinungen, da unsere erste Scheibe dort Kult geworden ist. Jetzt streiten sich die Kids, ob die Neue noch cool ist...

BEATSTEAKS werden euch immer überraschen, da wir nicht den einen Sound wie NOFX fahren können. Ich bewundere sie sehr. Uns ist das aber zu langweilig.

Redaktion: Hattet ihr eigentlich Angst als ihr zu Epitaph gewechselt seit, in dem Einheitssound von Melocore oder Hardcore unterzugehen?

Arnim: Das hatte sich damit erledigt, dass sie uns wollten und unsere Musik mochten. Es gibt halt immer Szenekritiker und es ist sowieso typisch deutsch zu kritisieren, wenn eine Weiterentwicklung stattgefunden hat. In Italien z.B., wo wir gestern gespielt haben, gibt's italienische Bands, die heftigst abgefeiert werden, da sie es über die Grenze geschafft haben. Wir dagegen merken im Moment selber, dass uns viele Leute doof finden; laß jemanden etwas grösser werden, dann muß er einstecken. Er kriegt Prügel, weil er ja nicht mehr das macht hat, was er früher gemacht hat. Oder er versucht jetzt jemand anderes zu sein. In dies er Sache macht es Berlin ganz Deutschland vor, denn wir bekommen unheimlichen Support aus dieser Stadt. Selbst Leute, die uns gar nicht mögen, klopfen uns auf die Schulter und meinen: "Ey, zeigt mal den Engländern was geht!". Genau wie jetzt hier auf der Tour, wenn Fat Mike nach der Show kommt und sagt: "Cooler Gig!". Das ist 'ne Ehre für uns. Ingesamt sollte man Kritk und Lob aber nicht zu ernst nehmen.

Redaktion: Habt ihr Angst mit bestimmten Medien wie der Bravo zusammen zuarbeiten, weil die von der Teeniepresse sind und ihr dann Schelte aus anderen Kreisen bekommt?

Arnim: Da ich geb' ich einen Scheißdreck drauf. Ich rede mit jedem Fanzine und auch sonst mit allen, die mit mir reden wollen. Die Sache, die wir machen, ist für mich real und nicht gefakt, deshalb kann ich meine Meinung genauso gut in der Bravo wie im Stadtmagazin Osnabrück vertreten. Die Bravo hat auch 'ne Plattenkritik von uns gemacht. Super schlecht. Aber sie haben uns gelobt, die besprechen die Platten eh' sehr süß.

Redaktion: Und wie wärs mit 'nem Foto auf 'nem Bravocover?

Arnim: Dann wären wir ja schon sehr nah am Pop- und Superstarstatus dran und könnten uns jetzt nicht unterhalten, weil irgendwelche Personen ständig Autogramme wollten. Das kann ich nicht entscheiden. Aber irgendwie bekommt man alles geregelt. Guck dir die Jungs mal an! (zeigt auf den Nachbartisch). Die Fantastischen Vier!!!!. Ich hab' tierischen Respekt vor denen, denn die sitzen da mit Mama, Oma, Opa und alle sind glücklich. Wenn es innerhalb der Band stimmt, kann man mit jedem Medium zusammenarbeiten, das wollen wir auch. Ich wünsch' mir nichts mehr, als mit meiner Musik Geld zu verdienen, obwohl wir das noch nicht können.

Das ist jedermanns Ziel und wenn du dann dabei Rockstar wirst...

Redaktion: Lebt ihr schon von eurer Musik?

Arnim: Nein, nicht richtig, denn drei von uns haben noch 'nen festen Job. (kommt irgendwie auf Beginner zu sprechen). Absolute Beginner z.B. mag ich auch gerne, weil die einfach ihr Ding durchziehen. Natürlich wird HipHop in den Medien zur Zeit super gehypt, aber das passiert jedem mal. Auch Green Day ist 'ne geile Band für mich, ich mochte sie vor dem Erfolg und mag sie jetzt immer noch. Wenn man wirklich Musik mag, dann mag man die Musik.

Redaktion: Ihr spielt jetzt viele Liveshows. Passiert es auch schon mal, dass sich ehemalige Vorbilder als Arschlöcher oder abgehobene Stars outen?

Arnim: Das gibt's schon. Unseren 10. Gig haben wir zusammen mit den Sex Pistols vor 8.000 Leuten gespielt und die Pistols waren totale Arschlöcher. Aber sonst waren meine Idole, die ich bis jetzt getroffen habe, alle supernett. Iggy Pop haben wir auf'm Bizarre getroffen und 'ne Fotosession gemacht oder Mike Patton von Faith No More, mein absoluter Hero. Alle waren supernette Leute.

Redaktion: Wer ist denn deine Lieblingsband?

Arnim: Ich hab' wirklich keine und nenn' immer fünf Bands:

AC/DC, DEPECHE MODE, FAITH NO MORE, ALL und DIE ÄRZTE. Das sind meine Eckpfeiler, wobei es tausend Bands gibt, die ich groß finde, wie SICK OF IT ALL, NOFX oder SOCIAL DISTORTION.

Redaktion: Inwieweit ist Musik für euch Ausdrucksform des Lebensgefühls? Viele Bands drücken ihre politische Meinung damit aus und gerade im Punkrockbreich ist es anders als im Popbiz, es steckt mehr dahinter, sozusagen Musik mit Hintergrund und Lebenart. Wie seht ihr das?

Arnim: Wenn du mich nach 'ner Message fragst, dann wird's schwierig, denn wir haben keine Message wie z.B. Rage Against The Machine. In unseren Texten geht's um das Leben in 'ner Band, Freundschaft, Streß, Alleinesein, Depressionen, halt das normale Leben. Die Riesenmessage ist bei den BEATSTEAKS das Leben und das Erwachsenwerden. Für mich gehört Musik und Text auch zusammen. Eben wurde ich gefragt, warum wir die Texte nicht abgedruckt haben, was zum einen damit zusammenhängt, dass wie kein richtig cooles Artwork hatten, anderseits wollte ich es auch nicht, da die Lyrics manchmal so persönlich sind, dass ich noch nicht mal mit meiner Freundin drüber rede. Wir drucken ja auch keine Notenblätter ab, es gibt halt das richtige Wort auf der richtigen Note, man muß das als zusammenhängend sehen.

Wenn man englisch kann, kann man jedes Wort verstehen, denn so gut ist die Platte produziert.

Redaktion: Hat sich in dieser Beziehung denn etwas verändert? Jetzt kommen halt Leute auf euch zu und fragen nach den Texten, was früher als kleinere Band sicherlich nicht geschehen ist. Gibst du dann persönliche Geheimnisse preis?

Arnim: Ja, geb' ich manchmal. Viele Leute interpretieren Songs ganz anders als du sie schreibst. Das ist dann sehr interessant. Es gibt 'nen Song, der heißt "Fake Behind A Smile" (ich denk mal "Fake" von der "Launched"-LP, der Tipper), von dem ich schon viele Möglichkeiten und Varianten der Interpretation erfahren habe. Es ist sehr cool, dass so 'ne Reaktion darauf kommt und die Texte sind in der Hinsicht auch sehr offen.

Es soll echt sein und man kann sich viel rausziehen. Es geht bei uns halt nicht um Gangs und Violence, wenn mich ein Song bewegt, bewegt er vielleicht auch andere Menschen, obwohl ich nicht für andere 'nen Song schreiben kann. Das ist der Schlüssel für uns.

Redaktion: Warum singt ihr vornehmlich auf Englisch?

Arnim: Ist ganz leicht zu erklären: AC/DC, DEPECHE MODE, ALL und DIE ÄRZTE. DIE ÄRTZE stellen einen Finger dar. Es ist ja auch ein deutschsprachiger Song auf der Platte. Ich bin von englischer Musik total beeinflusst und eigentlich kann nur unser Gitarrist Peter gute deutsche Texte schreiben.

Redaktion: Findest Du es schwerer deutsche Texte zu schreiben?

Arnim: Ja, find' ich superschwer.

Redaktion: Spielt da auch die Angst mit, platt rüberzukommen, etwa bei Lovesongs?

Arnim: Die Worte, die ich im Englischen benutze sind manchmal genauso banal wie im Deutschen, aber "I Love You" und "Ich Liebe Dich"... da hab' ich Angst vor, dass auf Deutsch zu singen. Ich will nicht banal wirken.

Redaktion: Ihr seht die Kommunikation mit den Fans durch Liveshows, vorhin der Gig war auch sehr schön und sympathisch, kam gut rüber ohne aufgesetzt zu sein. Was steht da in nächster Zeit an?

Arnim: Wir fahren erstmal die Warpedtour europaweit, bevor wir im Oktober mit den Donots touren. Ende des Jahres kommt die Platte weltweit raus, und dann fahren wir auch nach Japan. Epitaph schickt uns dann überall hin, die Träume gehen sozusagen in Erfüllung. Ist 'ne Ehre für uns, wenn jemand in New York in den Plattenladen rennt, weil er uns übers Internet kennt und dann von uns fünf Idioten dort 'ne Scheibe kaufen kann.

Redaktion: Wir sind übrigens ein Internetfanzine.

Arnim: Echt? Da habt ihr aber den Falschen, weil ich mich eigentlich gar nicht dafür interessiere. Der Rest der Band hat voll die Peilung, nur ich kenn' mich da nicht aus. Hab selbst noch nicht mals einen Computer. Unsere Homepage wird von unserem Bassisten betreut und viele Leute sammeln darüber ja auch Informationen.

Redaktion: Ok. Cool, das alles so spontan geklappt hat. Thanx.

Arnim: Keine Ursache, vielleicht sehen wir uns ja auf der Warpedtour, dann trinken wir 'nen Bier zusammen...

Eingetragen von ns am 29.07.1999.

Mehr zum Thema

News

Konzertberichte

Fotos