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Redaktion: Euer neues Album heisst "The '59 Sound". Waren eure Eltern in dem Jahr überhaupt schon geboren?
Alle: Ja klar. (lachen)
Brian: Meine Eltern sind 1945 geboren.
Alex Levine: Meine erst 1961...
Redaktion: Wie wichtig ist Musik aus den Sechzigern und Siebzigern für euch?
Brian: Sehr wichtig. Das ist eigentlich die einzige Musik, wenn es um unsere neueren Sachen geht.
Redaktion: Wenn eure Musik in einen Roman verwandelt würde, in was für einer Welt würde er sich abspielen? Einer positiven oder negativen?
Alex Levine: Ich hoffe, es wäre eine positive, wie in "Casablanca". (lacht)
Benny: Vielleicht wäre es so wie Brooklyn in den Vierzigern. Oder so wie in "The Raging Bull".
Brian: "The Raging Bull" wäre cool. Oder "On The Waterfront"?
Benny: "On The Waterfront", yeah. Marlon Brando!
Redaktion: Setzt ihr euch selbst das Ziel, dass die Leute sich durch das Hören eurer Musik besser fühlen?
Brian: Ja, sicherlich. Wir versuchen, positive Musik zu schreiben; wir erkennen zwar die negativen Seiten des Lebens an, schauen aber nur auf die positiven. Wir wollen auf jeden Fall eine der Bands sein, die man ansehen kann und währenddessen seine Probleme vergessen, und uns nicht auf Politik konzentrieren, sondern eher auf Kommentare zu sozialen Themen.
Redaktion: Wie ausgesprochen amerikanisch ist eure Musik?
Brian: Wir sind aus Amerika, insofern ist der Einfluss amerikanischer Musik sehr stark. Ich glaube nicht, dass wir von Musik aus anderen Ländern beeinflusst worden sind, ausser vielleicht England.
Redaktion: Was ist euer Bild von Punk? Würdet ihr euch als Punks oder Punk-Band bezeichnen?
Brian: Ich glaube, unsere Art, das Business anzugehen ist punk, aber ich würde mich selbst nicht als Punk oder die Band als Punk-Band bezeichnen. Aber so wie wir aufgewachsen sind, waren wir definitiv in der Punk- und Hardcore-Szene unterwegs. Wir halten uns an diese Art von Ethik, dass man auch auf die anderen schaut und Dinge nicht nur für Geld macht.
Benny: Ich weiss nicht, wo Punk musikalisch ist, vielleicht ist es tot, aber die Werte sind immer noch wichtig, und die Leute sollten das in Erinnerung behalten.
Redaktion: Gab es einen bestimmten Punkt, bis zu dem ihr die Band selber organisiert habt und ab dem ihr angefangen habt, mit Plattenlabels und Bookingagenturen zu arbeiten?
Brian: Wir waren nie eine DIY-Band. Wir haben nur selbstständig angefangen und alles selber organisiert, weil wir mussten. Aber wir haben das nicht unter das DIY-Banner gestellt, die Szene ist etwas schwierig. Man macht eben sein erstes Demo, selbstständig und zahlt auch selbst dafür. Das war nicht, weil wir die Welt mit DIY erobern wollten. DIY hat sich inzwischen in ein eigenes Musik-Genre verwandelt, wo es doch eigentlich nur um die Band gehen sollte, die eben alles alleine macht. Natürlich, wir haben unsere eigenen Touren gebucht, also waren wir irgendwie eine DIY-Band, bis das alles zuviel wurde.
Redaktion: Ihr werdet häufig mit Against Me verglichen, die unter anderem Texte über Politik haben. Ist das ein Teil von punk-beeinflusster Musik, der euch nicht so stark anspricht?
Brian: Ich würde nicht sagen, dass wir irgendwann tatsächlich durch das Anhören von Against Me- Platten beeinflusst werden. Wir sind eher an Otis Redding, Bruce Springsteen und The Clash interessiert. Es gibt nicht viel neuere Musik, die wir wirklich als Einfluss auf die Band zählen würden. Ich habe zwar Against Me-Platten, aber ich habe zum Beispiel nichts von Ihnen auf meinem iPod.
Benny: Ich schon.
Brian: Und wegen der Politik... Sie sind Freunde von uns, Kameraden. Es ist doch so, du würdest nicht bei einer befreundeten Band klauen. Die sind ja sogar in unserem Alter. Ich würde eher sagen, unsere beiden Bands werden von den gleichen Sachen beeinflusst.
Redaktion: Viele eurer Songtexte handeln vom Autofahren. Ist Autofahren allgemein für tourende Bands wichtig oder besonders für The Gaslight Anthem?
Brian: Die USA sind riesig, man muss sehr lang fahren. Acht-Stunden-Fahrten sind völlig normal, also wird Fahren Teil deines Lebens. Ausserdem habe ich Autofahren schon immer gemocht. Spät nachts, wenn ich zuhause bin, fahre ich einfach eine lange Strecke, um über Dinge nachzudenken und den Kopf freizubekommen.
Redaktion: Der Titel eures Album, "The '59 Sound", handelt der von einem Auto '59er Baujahr oder vom Klang und der Musik des Jahres 1959?
Brian: Es ist eher der Klang des Jahres 1959. Das Auto wäre eher ein '49 Mercury. (lacht)
Redaktion: Also wird so euer nächstes Album heissen?
Brian: Ja, "'49 Mercury".
Redaktion: Wenn ihr auf Tour seid, habt ihr das Gefühl, etwas von den Städten mitzubekommen in denen ihr spielt, oder fühlt ihr euch eingesperrt in Backstageräume?
Brian: Nein, üblicherweise laufen wir viel umher. Auf dieser Tour haben wir leider nicht so recht die Möglichkeit, aber wir bleiben nicht viel in den Backstageräumen. Ich weiss nicht, ob man behaupten kann, dass wir tatsächlich einen Einblick in die Städte bekommen, aber wir bekommen ein Gefühl mit, vom Essen, von den Leuten...
Benny: Hauptsächlich von den Leuten. Auch wenn wir quasi in ein Gebäude eingesperrt sind, sind doch alle Leute die man trifft, vom Promoter bis hin zu den Kids abends, aus dieser Gegend und tragen diese Gegend mit sich, also bekommt man eine Idee vom Ort. Aber offensichtlich kann man keinen vollen Einblick bekommen, als hätte man wo gelebt.
Redaktion: Was macht ihr an freien Tagen, bleibt ihr irgendwo oder seid ihr auf Achse, um etwas anzusehen?
Brian: Ja, wir gehen ins Kino! Wir gehen sehr gern ins Kino.
Redaktion: Welche Art von Publikum habt ihr am liebsten, ein mitsingendes, ein tanzendes oder ein moshendes?
Brian: Ich mag tanzendes Publikum.
Alex Rosamilia: Das tanzende, singende, respektvolle Publikum.
Brian: Ich mag das tanzende Publikum sehr, ich finde, die sind cool. Das moshende Publikum macht mir Angst. (grinst)
Redaktion: In welchen Ländern, in denen ihr noch nicht wart, würdet ihr gerne spielen?
Benny: Japan.
Alex Rosamilia: England.
Brian: Ich will in der Antarktis spielen, das wäre cool. Antarktis!
Redaktion: Was sind eure Pläne für die Zukunft? Glaubt ihr, ihr haltet doch 3 oder vier Alben durch, oder werdet ihr bald aufhören?
Brian: Ich glaube nicht, dass wir bald aufhören, aber ich weiss es natürlich nicht. Es ist schwer zu sagen. Wir wären gerne eine Band, die mehr als 20 Jahre durchhält. Aber wenn jemand nicht mehr weitermachen kann, oder unser Label aufgibt - wir gehen es eben Tag für Tag an, oder vielmehr Tour für Tour. Mehr können wir nicht tun.
Redaktion: Würdet ihr sagen, dass ihr durch eure Retro-Musik eher die Chance habt, länger durchzuhalten?
Brian: Ich denke schon. Ich glaube Bands, die etwas aus Back-Katalogen nehmen, können von Sachen beeinflusst werden, die ihrer Zeit voraus sind, so wie Tom Petty. Bei ihm war es Fünfziger-Musik und er hielt 25 oder 30 Jahre durch, das ist doch eine große Sache. Ich glaube, für Bands, die versuchen, am Puls der Zeit zu sein, ist das schwieriger.
Benny: Ich glaube, Bands, die so etwas machen, bekommen nicht den ihnen zustehenden Respekt bis ungefähr 20 Jahre, nachdem sie sich aufgelöst haben...
Eingetragen von ab am 12.06.2008.